Ein Wald von Bildschirmen
Bildschirmwald
gleichgeschaltet
jeder Mensch vor einem Baum
Baummenschen
Bildschirmmenschen
Bildschirme, die auf Menschen starren
geduldig wartend
Ungeduld ertragend
gefangen im gemeinsamen Chaos
verbunden in Sinnlosigkeit
Sinn suchend im Unsinn
eingeschlossen in ewigen Kreis der Informationen
sich sehnend nach Kommunikation
verloren im kahlen Raum der Leere
Monat: Dezember 2019
Kreischend stieß die Stuka 77 durch die stahlgrauen Wolken des verregneten Novembertages. Oberstleutnant Gruber riss verzweifelt seinen Kopf von links nach rechts.
Die zwei wendigen Mustang-Kampfflieger waren in dem konturlosen Grau nicht zu sehen.
„Heilige Mutter Gottes, hilf!“, presste er hervor und zog mit einem Ruck den Steuerknüppel seiner Stuka nach rechts.
Die plötzlichen Fliehkräfte pressten Oberstleutnant Gruber tief in den Pilotensitz.
Instinktiv setzte Pressatmung ein, die ihn vor der Bewusstlosigkeit und Unabwendbarkeit seines Todes bewahren sollte. Was sinnlos wäre, wenn sich in diesem Moment eine der Mustangs rechts neben ihm befinden würde. Jeden Moment könnte der verschwommene Strom seiner Gedanken in einem Feuerball enden.
Originalhandschrift
Verkohlte Formulare
mit schattenhafter Schrift
verschollen sind die Jahre
in unscheinbarer Drift
Die Daten stets kopiert
sich kein Detail verliert
die Zeichen straff und klar
der Bürokrat schreit „wunderbar!“
Im Neonlichte schimmert
das dunkle Geist-Papier
der Bürger leise wimmert
„Schluss mit der Daten-Gier!“
Originalhandschrift
Thema: Mond
Der Zwillingsmond Zo’Ra tauchte die schroffen Felsen von A’Ro in azurblaues Silberlicht. Wo’Ke war wie jeden Tag fasziniert vom Farbenspiel der Monde. Aber wie jeden Tag konnte Wo’Ke den Anblick nicht lange genießen, da das Aufgehen von Zo’Ra einherging mit der mystischen Welle Zo’Pe.
Kaum war der Mond über dem Horizont aufgestiegen, als er auch schon wieder von der Welle verschluckt wurde. Das ewige Verschlucken von Zo’Ra war ein wichtiger Bestandteil der Schöpfungsgeschichte ihres Volkes. Wo’Ke entfaltete mit einem Seufzen ihre Schwingen und folgte den bereits in den Himmel aufsteigenden Mitgliedern ihres Clans. Die Welle hatte auch das azurblaue Licht wieder verschluckt, es blieb nur noch das grünliche Schimmerlicht des anderen Zwillings, des kleinen Bruders Ra’Ne.
Wo’Ke dachte mit einem Schauern an das Gefolge der mystischen Welle. An die räuberischen Gefährten, die mit dem auf die Welle folgenden Sturm, mit ritten.
Originalhandschrift
wiederkehrend
wachend
Den Tag beendend, die Nacht herbeirufend.
Gezeiten vorgebend, sich im Kreise drehend.
Hinauf in die Ferne blickend, den Mann im Mond suchend.
Die Erde zart beleuchtend, zur Ruhe kommen lassend.
Geheimnisvoll und friedlich.
Originalhandschrift
Gänge, so viele Gänge.
Dinge, so viele Dinge.
Eindrücke, so viele Eindrücke.
Auswahlmöglichkeiten, so viele Auswahlmöglichkeiten.
Farben, so viele Farben.
Formen, so viele Formen.
Menschen, so viele Menschen.
Groß, so groß, zu groß!
Originalhandschrift
Thema: Ikea
Grün flackerndes Neonlicht.
Jedes Flackern löste einen stechenden Schmerz in Sarahs Gehirn aus. Und jeder Stich schob die Übelkeit höher in Sarahs desorientieren Körper. Bis sich ihr Körper durch die unerträgliche Übelkeit zur Seite bäumte und sich in einem heißen Schwall in einen pochenden Kopfschmerz verwandelte.
Sarah versuchte sich von dem stechenden Neonlicht wegzudrehen. Irgendetwas stimmte mit ihren Händen nicht. Sie hob die Hände vor ihr Gesicht und versuchte ihren verschwommenen Blick zu fokussieren. Im ersten Moment konnte sie nicht begreifen was sie da sah. Ihre Hände wurden von einem schwarzen Plastikband zusammengepresst. Während Sarah versuchte sich darauf einen Reim zu machen sah sie jetzt auch ihre Umgebung genauer.
Das flackernde Neonlicht war zu einer Notausgangsbeleuchtung geworden, die in ihrem unsteten Schein einen Raum voll Möbel erleuchtete.
„Ist das ein scheiß IKEA?“ dachte Sarah. „Ich war doch gerade mit Maggy im Soho!?“