von Michaela und Günter

Monat: November 2021 Seite 1 von 2

Der Tag danach- WASSERZEICHEN Günter

Vishnu

Thema: Der Tag danach

„Das kam überraschend!“, dachte Vishnu der Gott der Welterhaltung, als er aus der Toilettenhalle des 5.Himmels trat. Von rechts, aus der Richtung der dritten Höllenpforte, ertönte ein hämisches Kichern.

„Belzebuul, du hinterhältiges Monster, was hast du wieder angestellt?“, schrie Vishnu und blickte frustriert auf die rotglühende Lava-Oberfläche der Erde hinab. Kein zartes Blau der Ozeane, kein sattes Grün der Wälder, kein besänftigendes Ocker der Wüsten war mehr zu sehen.
 
„Da macht man alle 100 Millionen Jahre eine Pinkelpause und schon fallen einem die undankbaren Miesepeter in den Rücken!“, dachte Vishnu und trauerte – einen Augenblick lang – für 1000 Jahre, um die Vielfalt seiner Schöpfung.
 
„Dem kleinen Widerling wird das Lachen schnell vergehen.“, dachte Vishnu und rief: “Man reiche mir den Himmelsfernschreiber!“
Zwei pummelige Elfen mühten sich ab, den Plutogroßen Moloch über die wattigen Wolken zu zerren.
 
„Geht das nicht schneller?“, nörgelte Vishnu.
Die Elfe mit dem blonden Bart fing an zu lachen und flüsterte Ihrem Begleiter etwas zu.
„Was ist da so lustig?“, polterte Vishnu.
Beide Elfen stolperten lachend über die letzten zwei Wolken, während der Himmelsfernschreiber hinter ihnen im zick zack hin und her sprang und die oben befestigte Fernschreiberglocke wild unregelmäßig bimmelte.
 
„Die werden das Ding noch ruinieren!“ dachte Vishnu und schaute missbilligend den Elfen entgegen.
Die Elfe mit dem blonden Bart deutete schon wieder auf etwas in Vishnus Rücken.
„Undankbare Bastarde!“, dachte Vishnu, „Denen werde ich zwei Äonen Fitnesscenter verpassen, jetzt, wo der Lockdown vorbei ist!“, und blickte über die Schulter, um zu ergründen, was die Elfen so lustig fanden.
Hinter ihm kräuselte sich das rosa Krepptoilettenpapier von der Toilettenhallentür bis in den Bund seiner güldenen Trainingshose.
 
„Ei der Tauz!“, rief Vishnu, während neuerlich ein schadenfrohes Kichern durch die dritte Höllenpforte zu ihm heraufdrang.











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Der Tag danach- WASSERZEICHEN Michaela

Der Tag danach

Der Tag danach begann wie der Tag davor.
Grau in Grau, nass und kalt.
Wieder wollte ich nicht aus dem Bett.
Ich zog die Bettdecke über den Kopf und versuchte weiter zu schlafen.
Keine Chance, er Regen trommelte unaufhörlich gegen die Fensterscheiben.
Bohrend und drohend drang es in meinen Kopf.
Ein Blick auf die Uhr und ich war hellwach.
07:15 schrie mich der Wecker förmlich an.
Was ich heute noch alles zu tun habe, gibt eine ganz schön lange Liste.
Alle Sachen für den VHS Kurs zusammensuchen.
Frühstücken, Morgentoilette, schnell zum Supermarkt Brötchen holen.
Nach dem VHS Kurs ins Nachbarschaftszentrum, Brötchen mampfen, Aufgabe erledigen und dies aufschreiben.
Danach nach Hause, 1 Stunde aufs Laufband, danach Gymnastik.
Anschließend Wochenspeiseplan und Einkaufsliste schreiben, Wohnung sauber machen, Abendessen kochen.
Und dann endlich hinsetzen, durchatmen, Füße hochlegen und entspannen.












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Ich erinnere mich Schreibworkshop Seiwald WASSERZEICHEN Michaela

Erinnerung

Ich bin im Garten und sitze auf der Schaukel.
Ich singe in einer endlos Schleife das Lied der Kuckuck und der Esel.
Ich Schwinge nach vor und nach hinten so hoch wie ich nur kann.
In diesem Augenblick bin ich glücklich.
Ich bin einfach nur Kind.
Ich muss keine Leistung bringen, es niemandem recht machen.
Niemand lästert oder beurteilt mich.
Mama lässt mich auch in Ruhe.
Meine Neurodermitis merke ich in Zeiten auf der Schaukel auch nicht.
Ich bin frei.
Frei von Leistungs -und Erwartungsdruck.
In diesen Augenblicken fällt alles von mir ab.
Ich bin im hier und jetzt und ganz bei mir.
Ich bin für eine kurze Zeit glücklich.
Wie schön mich genau an diese Momente zu erinnern.










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Ich erinnere mich Schreibworkshop Seiwald WASSERZEICHEN Günter

Erinnerung

Thema: Ich erinnere mich

Ich erinnere mich. Erinnere ich mich?
Gedanken – Kreise. Oder sind es Spiralen?
Der Wald ist mein Bruder, er schützt mich!
Schütze ich meinen Bruder?

Spiralen aus Verwirrung winden sich durch die Erinnerung
Sind sie der Anfang oder das Ende?
Ziehe ich an einem Ende der Gedanken-Spirale
Entstehen dann wieder neue Spiralen-Gedanken?

Ich sehe ein Kind im spiegelnden See
Bin das ich oder nur mein Zwilling?
Ein Sprung hinein in das Wasser des Lebens
gibt es einen Moment, in dem ich verschmelze?

So viele Stimmen in meinem Ohr
ist eine davon die meine?
Alles so laut und erdrückend
warum ist alles so still in mir?

Ein Gesicht verändert sich zu einem anderen
Wem gehört dieses Gesicht?
Die Suche nach dem ich
begleitet mich mein Zwilling?

Die Spiralen-Gedanken spiralen weiter
berühren Sie sich dabei?
Werden sie zu einem großen Kreis?
Einem Kreis des Lebens?

Ja, er umschließt mich und meine Zwillinge.








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Hilde

Thema: Nimm einen Teil des Plots

Sie öffnete das Postfach und nahm das Paket mit Briefen heraus.
Schnellen Blickes überflog sie alles und hielt abrupt an, als sie auf den Brief einer Bank stieß.
Sie riss das Kuvert auf und öffnete das Schreiben.
 
Darin stand:
 
Sehr geehrte Frau ….
Wir möchten sie daran erinnern, dass mit 23.05.2022 die fällige Zahlung für den neuen 10 Jahresvertrag für ihr Schließfach fällig wird.
Wir möchten sie bitten, den Betrag rechtzeitig zu begleichen.
 
Das restliche Schreiben überflog sie nur noch flüchtig.
 
Mutter war nun seit über 7 Jahren verschwunden.
Klar, dass die Bank dies nicht wissen konnte.
 
Mit einer hochgezogenen Augenbraue sagte sie halblaut zu sich selbst: „ein Schließfach. Mutter hatte ein Schließfach.“
Warum wusste ich nichts davon?
Mutter erzählte mir doch früher sonst alles.
 
Was hatte dies zu bedeuten? Wieder erinnerte Hilde sich an die Zeit, kurz bevor Mutter verschwand.
Sie war anders als sonst. Unruhiger als normalerweise, unkonzentrierter und angstvoller.
Darauf angesprochen spielte sie alles herunter und tat so, als würde sich Hilde das alles nur einbilden.
 
Nun ja, dachte sie noch nicht ahnend, dass ihr Leben völlig auf den Kopf gestellt werden würde und nahm sich vor am nächsten Tag zur Bank zu gehen.
 
Bei der Bank angekommen, erklärte sie beim Schalter, wer sie war und wurde zu dem Schließfach geführt. Vor ihren Augen wurde dieses geöffnet und wurde anschließend ließ man sie alleine um sich dem Inhalt zu widmen.
 
Im Schließfach befanden sich ein paar Schmuckstücke, sonstiges Zeug und ein Brief, auf dem ihr Name stand.
Überrascht öffnete sie ihn und las die Zeilen, die da lauteten:

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Hilde-Nimm einen Teil des Plots Schreibworkshop Seiwald WASSERZEICHEN Günter

Hilde

Thema: Nimm einen Teil des Plots

Ein Schlagloch riss Hilde aus ihrem verworrenen Traum. Die Scheinwerfer des Autos bohrten sich ins Dunkel der Nacht und reflektierten am nassen Asphalt der Bundesstraße.

Hilde blickte nach links auf das vertraute und doch so fremde Gesicht ihres 83-jährigen Vaters. Das schwache Licht der Armaturenbeleuchtung hinterließ tiefe Schatten in Josefs zerfurchtem Gesicht und ließ die gekrümmte Nase noch schärfer hervortreten.

Hilde konnte immer noch nicht fassen, dass ihr Leben noch vor einer Woche aus der eintönigen Arbeit in der Ölmühle bestanden hatte. Mit ihrem Vater hatte sie schon jahrelang kein Wort gewechselt und sein Dasein in der Wohnung über der Mühle ignoriert. Dieser eine Anruf von der Bank am verstaubten Festnetztelefon in der ungenutzten Werkstatt hatte alles geändert.

Ein weiteres Schlagloch riss Hilde aus ihren Gedanken.
Josef drehte sich zu ihr und sagte: „Bist du wach?“.
Hilde unterdrückte ihren ersten Impuls für eine schnippische Antwort und sagte einfach: „Ja, leider.“.
„Die Serben haben noch nie etwas ordentlich instand halten können.“, sagte Josef.

Hilde wusste nur wenig über die Vergangenheit des Mannes, der selbst 53 Jahre lang geglaubt hatte, ihr Vater zu sein.









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Der Feind Schreibworkshop Seiwald WASSERZEICHEN Michaela

Der Feind

Ich werde mich vermehren.
Alles in meiner DNA ist darauf ausgerichtet.
Egal was ihr auch versucht, ich werde mich anpassen und so mein Fortbestehen sichern.
Ihr könnt probieren mich auszurotten, ja dieses kleine Fenster der Möglichkeit gibt es, doch glaube ich nicht, dass dies funktionieren wird.
Ich wurde geboren, um zu überleben, egal was es auch kostet.
Wenn ihr es schaffen solltet, euch gegen einen Teil von mir zu immunisieren, wird ein anderer Teil von mir mutieren.
Ja, es geht ums nackte Überleben.
Wer ist der stärkere von uns?
Habe ich nicht auch ein Recht zu überleben?
Warum bin ich das Böse und ihr schützenwert?
Habe ich nicht auch das Recht zu existieren?
Wer hat das zu entscheiden?









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Der Feind Schreibworkshop Seiwald WASSERZEICHEN Günter

Der Spiegel

Thema: Der Feind

Hinter dem Spiegel
lebt der Feind
Lebt alles, was ich nicht sehen will

vor dem Spiegel
lebe ich
lebt alles, was ich sehen kann

so groß und doch geschrumpft
mit Löchern wie fehlende Puzzleteile
heraus gestanzt aus dem Marmor des Ichs

Leere aus bodenloser Schwärze
geworfen durch scheinbar durchsichtiges Glas
aber gepresst durch die Abstände

zwischen den Molekülen der Silberfarbe
Wieder neu zusammengesetzt zu Löchern aus Schwarz
Schwarzlöchern mächtig und zart

die mich anstarren vorwurfsvoll
traurig und fordernd
sich nach Einheit sehnen

verbunden sein wollen mit den Puzzlesteinen des Lichts
Kann ich sie wieder zurück saugen?
Habe ich die Kraft sie durch die meterdicke
Hauchdünne Barriere zurückzuziehen?

Kann ich es ertragen eins zu sein,
bin ich jetzt doch so viele?
Ich wage den Blick hinein,

dahinter und hindurch
Und spüre wie das erste Puzzleteil
zart wie eine Schneeflocke
sich zurück fügt an seinen Platz.






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Telefonieren Schreibworkshop Seiwald WASSERZEICHEN Michaela

Telefonieren

Er zog sein Handy aus der Tasche. er wollte doch einfach nur telefonieren.
Er hielt das Handy in Händen und konnte nicht glauben, dass es wirklich so laufen sollte.
Die Lage war echt verzwickt.
Alles fing schon vor Tagen an. Nur zu gut wusste er, womit das Unglück begann.
Seine Frau wollte ihn verlassen.
Er wollte sich mit ihr Treffen und sie hatten sich für ein Gespräch verabredet.
Als er an diesem Tag die Wohnung verlassen wollte, stolperte er so ungeschickt über einen Eimer, den er aus Faulheit nicht weggeräumt hatte, hielt sich an der gelben Jacke, die an dem Hirschgeweih hing, weil er sie auch nicht an ihren Platz gegeben hatte, fest.
Durch die Wucht riss es das Hirschgeweih von der Wand und fiel im während des Hinfallens auf den Kopf.
Bewusstlos blieb er am Boden liegen.
Stunden später wachte er auf und wusste nicht, wo er war.
Verwirrt, aber neugierig machte er sich daran die Wohnung, in der er sich befand zu erkunden.
Da lagen Bierdosen und Schnapsflaschen neben Chips und sonstigem Müll herum. Das Bett vertrug auch mal einen Wäschewechsel.
In der Küche stapelte sich das Geschirr und der Geruch in der Wohnung war auch nicht ohne.
Er sagte laut zu sich selbst: „Diese Wohnung ist ein einziger Saustall, ich würde hier nicht freiwillig wohnen wollen“.
Als er bemerkte, dass er laut gedacht hatte, kam auch die Erinnerung zurück, wer er war und dass das seine Wohnung war.
Augenblicklich verstand er, was ihm seine Frau vorwarf und warum sie ihn verlassen wollte.
Er würde sich verspäten, das war klar.
Also wollte er sie anrufen und nun das, der Akku des Telefons war leer.















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Telefonieren Schreibworkshop Seiwald WASSERZEICHEN Günter

Hubert

Thema: Telefonieren

Hubert will telefonieren.
Er weiß nur nicht, warum, und wen er eigentlich anrufen will. Sein Kopf fühlt sich seltsam an und auch der Rest des Körpers schickt nur verschwommene Signale.
„Was soll der Scheiß?“, denkt Hubert und versucht, seinen getrübten Blick auf die Umgebung zu fokussieren. Etwas bewegt sich in sein Gesichtsfeld hinein und wieder hinaus.
„Ist das ein Baum?“, denkt Hubert, während ihm sein Magen plötzlich ein flaues Gefühl vermittelt. Der Baumstamm wandert diesmal etwas klarer in sein Sichtfeld hinein.
„Warum sind die Äste oben?“, denkt Hubert.
Der Baumstamm wandert wieder auf seinem Sichtfeld hinaus, nur ein knorriger Ast bleibt in seinem rechten Blickwinkel zurück.
Die Übelkeit verstärkt sich und es wird ihm schlagartig klar, dass das wohl daran liegen musste, dass er mit dem Kopf nach unten hin und her pendelt. Panik steigt in Hubert auf und seine Augen zucken weg vom wieder auftauchenden Baumstamm und richten sich nach oben, seinen Körper entlang.
Sein Blick trifft auf die braunen Knopfaugen eines Eichkätzchens, das neugierig vom fast durchgeknabberten Seil aufsah, an dem Herbert von einem armdicken Ast hängt.
Hubert reißt entsetzt die Augen auf.
Doch in diesem Moment reißt das Seil und Hubert stürzt mit einem stummen Schrei in die Tiefe.
Der James-Bond Klingelton fährt kreischend durch Huberts Gehirn.
Sein Herz pocht rasend und er erkennt, dass er zu Hause in seinem Bett liegt. Verkatert nach seinem Junggesellenabschied und verzweifelt, weil er doch Birgit versprochen hatte, sie anzurufen, sobald er Zuhause ist.















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