Thema: Am Beginn meines Weges

Die Tautropfen an den Spitzen der grünen Stängel perlen an meinen Fühlern herab und helfen mir dabei über die Wiese zu gleiten.
„Oh, wie schön ist der Morgen!“, denke ich, währen ich über die weißen Blütenblätter eines Gänseblümchens krieche.
 
Wäre da nicht das von der Sonne aufgeheizte, steinige Schotterband, das auf mich wartet.
Der Morgensnack im Salatfeld hatte mich heute länger als üblich aufgehalten. Aber diese zarten, würzigen Blätter sind einfach zu verführerisch schmackhaft.
 
Ich denke an die scharfkantigen, glühend heißen Kiesel, die sich in meinem Fuß bohren werden und sofort schlägt mein Herz schneller und meine Fühler ziehen sich zusammen.
Meine Zahnraspeln knirschen und ich versuche schneller voranzukommen.
„Wenn dieses Haus nicht dauernd wachsen würde, …“, denke ich und blick neidvoll zu meinen hauslosen Verwandten, die mich in der Zwischenzeit links und rechts überholt hatten.
 
„Konzentration, du Träumer!“
 
Ich versuche mich wieder auf meinen Weg zu konzentrieren.
Die Sonne brennt immer heißer herab, aber das Schotterband liegt jetzt endlich vor mir.
 
„Fühler einziehen und durch!“, versuche ich mich zu motivieren.
 
„Au, au!“. Ich spüre, wie sich die heißen Kiesel unter mir anhäufen und wie Schmirgelpapier meinen Fuß entlangreiben.
 
„Nur noch ein kleines Stück!“, denke ich und sehe sehnsüchtig zum schattigen Waldrand hinüber.
Ich krieche mit letzter Kraft den steinernen Wall am Rand des Schotterbandes hinauf und schleppe mich in die Sicherheit des kühlen Waldschattens.
 
Da! Die Höhle im Wurzelgeflecht des umgestürzten Baumriesens! Noch einmal die letzten Schleimreserven mobilisieren!
Im feuchten Lehmboden warten schon die bereits zugeklebten Häuser der Verwandtschaft.
 
„Morgen gibt’s Radieschen! Da bekomm ich zwar Blähungen, aber die wachsen viel näher am Wald!“, denke ich, kleistere mein Haus zu und träume von zarten Dahlientrieben.










Originalhandschrift
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