Hänschen stellte sich vor in das Sternenfirnament zu starren.
Mondlicht schimmerte durch Löcher im strohgedeckten Dach des Waisenhauses.

„Wenigstens regnet es heute nicht!“, dachte Hänschen und versuchte eine halbwegs bequeme Position auf der sticheligen Strohmatratze zu finden.
Er lauschte hinein in den Schlafsaal.
Hänschen hatte gelernt auf das Atmen der anderen Waisen zu achten. Ein Kratzen an der morschen Holzwand hinter ihm unterbrach seine Konzentration.

Hänschen erstarrte und hielt den Atem an. In den Wirren des Dreißigjährigen Krieges lauern viele schlimme Dinge hinter jeder Ecke und in jedem Verschlag. Ein leises Fiepen ließ ihn wieder etwas entspannen.
Ein Bild seiner Familie, wie Vater, Mutter und Schwestern um den Esstisch herum saßen und beteten, blitzte in seinem Kopf auf.

„Nein, bitte nicht!“, dachte Hänschen und versuchte verzweifelt die Tränen zu unterdrücken. Obwohl er nicht verstand, wie dieser See aus Tränen immer noch nicht leer sein konnte.

Tränen liefen seine Schläfen herab und versickerten im groben Stroh der gedroschenen Hirsestengel.
Kein Laut verließ seine von der Kälte rissig gewordenen Lippen. Ängstlich lauschte Hänschen in den Raum hinein.
Ein Wimmern, dann ein Röcheln, dann unsägliche Stille. Das leise Kratzen hinter ihm entfernte sich.

Nur der endlose Strom aus Tränen blieb zurück.

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