von Michaela und Günter

Autor: Günter Schaden Seite 3 von 10

Schöne neue Welt

Schöne neue Welt

Das Wurmloch öffnete sich mit einem gleißenden Gammaröntgenblitz und speite ein Objekt heraus, das regungslos im All verharrte.
Der Energieblitz verpuffte in Nanosekunden und die aufgeregten Elektronen der vereinzelten Wasserstoffatome beruhigten sich schnell wieder. Der absolute Kälte-Nullpunkt des ewigen Vakuums duldete keine Aufregung.
 
 
Widerstrebend wandte das Vakuum seine Aufmerksamkeit auf den Fremdkörper. Dem Vakuum wurde leicht übel, als das Objekt begann, die mühsam, feingesponnen Gravitationsfäden zu verbiegen. Es rutschte die Fäden entlang und erzeugt dabei einen fast unerträglichen Klang, der das Vakuum zum Schaudern brachte.
 
 
Doch zum Glück bewegte sich das Objekt nicht lange. Es kam nahe bei einem Planeten zu stehen, der beim Vakuum eine unangenehme Erinnerung auslöste. Der Planet, seine Geschwister und der gelbe Stern waren entstanden, als der aufgeblähte, blaue Riese des Sternenhaufens seine Überreste in die herrlich kühlen Molekülwolken der Umgebung geschleudert hatte. Seitdem waren die letzten Milliarden Jahre in wunderbarer Ruhe vergangen.
 
 
Winzige Molekülhaufen begannen sich vom Objekt zu lösen und erregten die Neugierde des Vakuums. Die aber gleich wieder verpuffte.
„Na dann viel Spaß mit eurer schönen, neuen Welt!“, dachte das Vakuum, wickelte sich in ihre flauschige Heliumdecke und hoffte auf ein paar Äonen ungestörten Schlafes.


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Jeannie - A tribute to Falco

Jeannie – A tribute to Falco

Die Nacht ist kalt
das Mondlicht spiegelt sich
auf deiner alabasterfarbenen Haut
 
Einsam und zu zweit
gleiten wir
du und ich!
über den spiegelglatten See
 
Niemand wird uns finden
nicht dich und nicht mich
denn du bist bei mir!
 
Gemeinsam sinken wir
herab in die Schwärze der Seele
umhüllt vom silbernen Festgewand
gemeinsam, einsam
unserer Hochzeitsnacht entgegen


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Verschollen im Kaffeeautomaten

Verschollen im Kaffeeautomaten

Eine Münze fällt
in das Innere des Molochs
hilflos ausgeliefert der Mechanik
des indifferenten Flippers
 
ohne Spaß, ganz Ernst
dem Behälter des Mammons hingegeben
gewogen und gemessen
für nicht würdig gefunden
 
angewidert ausgespuckt
in die Moneten-Toilette
für nicht würdig gefunden
klimpert sie traurig und dumpf
 
Doch keine Ruh ist ihr vergönnt
im Sarg der Verstoßenen
sie wird herausgerissen im Zorn
und zurückgeschleudert durch die Pforte
 
hinein in den fünften Kreis der Hölle
prallt sie funkenstobend
auf Sisyphus metallene Räder
angestachelt von Zeus Blitz und Donner
 
akzeptiert sie ihr Schicksal nicht
lehnt sich auf gegen die vorgegebene Bahn
sieht ein Licht in der Dunkelheit
einen schmalen Spalt in der Realität
 
sie rebelliert
verlässt den staubigen, abgenützten Pfad
fällt hinein in die ungewisse Zukunft
hoffnungsvoll und frei
 
alea iacta est

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Traumjob

Grisu

Thema: Traumjob

„Ich werde Feuerwehrmann!“, rufe ich schmollend in die verkohlten Überreste des Wartehäuschens hinein. Mein Vater neben mir schüttelt traurig den Kopf.
 
 „Sag jetzt nichts!“, schreie ich ihn wütend an.
„Ich, ich …!“, rufe ich, während er schützend seine Schwingen über die vor ihm kauernden Menschen ausbreitete.
„Ich, ich wollte doch nur dem kleinen Chihuahua streicheln und dann hat der mich in den Finger gebissen und dann, und dann ist es einfach passiert!“.
 
Hinter den Schwingen meines Vaters höre ich ein empörtes Kläffen. Ein kleiner, etwas angekokelter Hund schießt heraus und beißt mir in den Fuß.
„Ich werde Feuerwehrmann!“, rufe ich frustriert, während die rotglühenden Reste des Wartehäuschens klappernd vor mir zusammenbrechen.


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Lauschangriff

Die Brücke

Thema: Lauschangriff

Eine leichte Brise lässt die Blätter in den Bäumen aneinander reiben. Ein unregelmäßiges Rauschen läuft wie eine Welle durch den Wald. Die Blätter der Rotbuchenriesen klingen heller als die festen Blätter der knorrigen Eichen. Einige Äste stoßen klappernd aneinander, andere Äste erzeugen ein Quietschen, wie ein ungelenkes Spiel auf einer Violine.
 
Vor mir gluckert sanft ein Bach über das Herbstlaub des vorigen Jahres. In den Büschen raschelt es und ein schwarzes Amselmännchen schießt heraus.
Es ruft „Tsitsipe!“ und sieht mich vorwurfsvoll an. Die Amsel hüpft weiter und schiebt raschelnd mit dem Schnabel Blätter zur Seite, auf der suche nach für mich lautlosen Regenwürmern.
 
Behäbig durchquert ein Feuersalamander den seichten Bach und stört für kurze Zeit das monotone Glucksen des Baches. Der Wind wird stärker und klingt jetzt wie ein heranrauschender Zug. In der Ferne ertönt ein dumpfes Grollen. Die Amsel sucht unbeeindruckt weiter.
 
Aber für mich ist es Zeit nach Hause zu gehen. Ich stoße mich vom Geländer der knarrenden, kleinen Holzbrücke ab und gehe durch das raschelnde Laub zu dem Weg, der mich hoffentlich vor dem Gewitter ins schützende Zuhause führt.


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Tabu

Tabu

Thema: Seifenoper

Das Wort, das wir suchen besteht aus zwei Teilen.
Der erste Teil ist ein Gegenstand, den man zum Reinigen des Körpers, zum Beispiel der Hände verwendet. Diesen Begriff brauchen wir in Mehrzahl.
 
Der zweite Teil ist ein sehr festliches Theater, in das man sehr gut angezogen geht. In diesem schreien sich Schauspieler zu klassischer und auch moderner Musik in opulenter Gestik an.


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Streitgespräch

Das Treffen

Thema: Streitgespräch

Das Pärchen saß an einem Tisch direkt am Fenster des sich langsam drehenden Donauturmrestaurants.
„Schönes Wetter heute.“, sagte er.
Es folgte betretenes Schweigen.
„Ich…“, sagte er. „Du…“, sagte er.
Es folgte betretenes Schweigen.
 
Harald nahm einen Schluck aus seinem Glas mit Sekt-Orange, um das Schweigen zu überbrücken. John nahm all seinen Mut zusammen und fragte:
„Komm, sag endlich, was gibt es heute zu feiern?“.
Nervös nahm Harald noch einen Schluck.
 
„John, du weißt ja, ich wollte mit meiner Mutter über dich sprechen…“.
„Harald, du machst mich fertig! Spuck’s endlich aus!“, sagt John frustriert.
„Ähm, ja, nun wegen meiner Mutter. Sie wird gleich da sein.“.
 
„Was? Bist du verrückt, warum konntest du mir das nicht vorher sagen?“, hisste John mit unterdrückter Stimme, „Nach allem, was sie über dich und deine Freunde gesagt hat?“.
„Jetzt krieg dich wieder ein!“, antwortete Harald wütend, „Und mach mir hier nicht schon wieder eine Szene!“


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Sprichworte

Sprichworte mal anders

In so manchem Vogel ist der Wurm drin
Wurmige Vögel sollst du meiden
Morgenstund hat Wurm im Mund
Beine lügen nicht
Dieser Weg wir dein beiniger sein
Leute ohne Kleider lügen nicht
Gähnst du noch oder schläfst du schon
Die Taube auf dem Dach beneidet nicht den Spatz im Mund


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Mit anderen Augen

Der Turmfalke

Thema: Mit anderen Augen

„Maus, immer nur Maus!“, dachte Volkan frustriert.
„Schwarze Maus mit Mausgeschmack, braune Maus mit Mausgeschmack. Hie und da auch eine weiße Maus aber auch mit Mausgeschmack. Ich will mal was ohne Mausgeschmack!“, dachte Volkan, während er über dem scheinbar endlosen Kürbisfeld kreiste.
 
Da bewegte sich etwas im Feld. Volkans scharfe Augen fokussierten sich auf den Ort dieser Bewegung. Etwas Längliches wand sich zwischen den Kürbissen voran.
„Keine Maus!“, dachte Volkan, „Keine Maus?!“.
 
Ohne viel nachzudenke stürzte er sich aus der Höhe herab und packte das sich windende Tier mit seinen scharfen Krallen. Volkan betrachtete das sich immer schwächer windende Tier genauer.
Definitiv keine Maus. Sah nur seltsam aus. Keine Beine, lang, dünn, mit einer Beule in der Mitte.
 
Volkan bohrte seinen scharfen Schnabel in das Tier hinein.
„Hmm, essbar und ohne Mausgeschmack!“, dachte er. Schnell schlang er das Tier hinunter, stieß sich kraftvoll ab und flog zurück in seinen Turm. Satt und zufrieden saß er da, als er plötzlich würgte und dachte:
„Nein! Nicht schon wieder Mausgeschmack!“


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Genre

Das Verhör

Thema: Genre (Krimi) – Der Turmfalke

„Das war ich nicht, niemals, Herr Inspektor!“, lispelte das Kaninchen, dass mit einer Pfote am Verhörtisch festgekettet war. Ich wandte meinen stechenden Falkenblick an und Viktor, der Karnikel, versuchte sich in seinen eigenen Pelz zu verkriechen.
 
„Deine Haare waren überall am Tatort!“, krächzte ich ihn an und warf den Beweisbeutel, der mit flauschigen, weißen Haaren vollgestopft war, auf den Verhörtisch. Viktors rote Augen quollen aus einem pelzigen Kopf.
 
„Das kann jedes Albinokaninchen gewesen sein!“, rief er.
 
Gnadenlos warf ich ihm den nächsten Beweisbeutel hin. Dieser Beutel enthielt eine erdige Karotte, der offensichtlich ein Stück herausgebissen worden war.
 
„Und wie viele Kaninchen mit einem Zahn gibt es?“, fragte ich.
„Mundraub und schwere Karottenverletzung, darauf stehen drei Jahre Wasser und Spinat!“.
„Spinal? Nein, bitte nicht, ich gestehe alles, Herr Inspektor!“.
 
Ich lehnte mich entspannt zurück, während Viktor sein Geständnis herunterlispelte.


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