von Michaela und Günter

Autor: Günter Schaden Seite 4 von 10

Akrostichon

Neustart

Thema: Akrostichon

Närrisch beginnt das Jahr
Ernst starren die bleichen Gesichter
Unerbittlich durch den Winter
Sonne bricht den Nebel auf
Trommelwirbel und Blitz läuten den Frühling ein
Auf, auf, ihr Menschen, erwachet
Rufen die erblühenden Frühlingsblumen
Traut euch zu uns heraus!


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Der letzte Mensch - Günter - Wasserzeichen

!Adam

Thema: Der letzte Mensch

Es wurde Abend und es wurde Morgen: sechster Tag
Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild.
Da formte Gott Adam aus dem Ackerboden.
 
Aber Gott hatte es noch nicht regnen lassen.
 
„So eine Sch…!“, aber Gott hatte das Kacken noch nicht erfunden.
„Wieder mal die Prioritäten nicht richtig gesetzt?“, sagte Gottes Frau von ihrem Ergometer herab, mit dem sie die Sonne zum Leuchten brachte.
„Da redet die Richtige!“, grummelte Gotte zurück, „hättest du zuerst die Kernfusion erfunden, müsstest du dich jetzt nicht so abstrampeln.“
 
Gottes Frau rollte nur mit den Augen und schaltete die Leistung ihres Ergometers um ein paar Nova Watt höher.
Gott wandte sich wieder Adam zu beziehungsweise en undefinierbaren Brocken aus Ackerboden, die ihm immer wieder durch die Finger rieselten.
 
„Was hab ich mir nur bei diesem Menschen gedacht?“.
Gotte blätterte konzentriert durch sein Universums- Handbuch.
„Wie ist denn dieser verflixte Mensch?“, murmelte Gott vor sich hin, „und warum geht die Sonne so schnell unter?!“.
Gottes Frau strampelte schweißüberströmt am Sonnenergometer.
 
„Ach was solls, vielleicht im nächsten Universum. Hab gerade noch genug Zeit für die Delfine. Die sind sowieso immer lustiger als die Menschen.“
Gott klopfte sich die staubigen Hände ab und machte sich auf in Richtung Meer.
Gottes Frau seufzte erleichtert auf und wischte sich mit der herausgerissenen Seite aus dem Universums- Handbuch den Schweiß von der Stirn.


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Kristall- GÜNTER WASSERZEICHEN

Kristall

Thema: Märchen einmal anders

Der Bergkristall wuchs über Jahrtausende hinweg in seiner kühlen, dunklen Höhle heran.
Molekül über Molekül streckten sich seine Kristallgitter der Decke entgegen.
 
„Langweilig!“, rief der Bergkristall nach fünf Jahrtausenden in die Höhle.
 
„Ruhe!“, brummelte der Stalaktit von der Decke herab.
 
„Nie passiert hier was…“, rummelte der pubertierende Bergkristall vor sich hin.
 
Plötzlich riss die Decke auf und gleißendes, unbekanntes Licht warf Regenbögen durch den durchsichtigen Leib des Kristalles.
 
„Oh wie schön!“, dachte Kristall, während Gesteinsbrocken um ihn herum herabprasselten.
 
Ein letztes „Ruhe!“ erschallte in der Höhle, bevor der steinalte Stalaktit sich knapp vor Kristall in den Boden bohrte.
 
„Jetzt hast du deine ewige Ruhe!“, dachte Kristall, als sich ein Gegenstand aus Eisen in seine Felsverankerung bohrte.
 
„Sorry!“, sagte das Eisenbeil, „aber da musst du jetzt durch.“.
 
„Waaa?“, sagte Kristall, als er unsanft aus seiner Verankerung gerissen wurde.
Die Regenbögen glühten durch seinen Körper und rissen ihn in eine erlösende Bewusstlosigkeit.
 
Jahre später, nach einer mühseligen, schmerzhaften Reise landete Kristall in einer dunklen Holzkiste.
Gleißendes Licht riss ihn aus seiner Lethargie und eine Hand zog ihn unsanft aus einer Kiste heraus.
Mit Entsetzen sah Kristall einen Fuß auf sich zurasen.
 
„Nicht! Nicht das schon wieder!“, dachte Kristall.
 
Aber dann schlüpfte dieser schlanke, elegante Fuß in ihn hinein.
 
„Ah!“, seufzte Kristall, während seine Siliziumdioxidmoleküle glücklich um den Fuß herumvibrierten.


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Der Vorname- GÜNTER WASSERZEICHEN

Der Vorname

Thema: Verwende die Begriffe, die mit den Buchstaben des Vornamens beginnen

Geschichte, Überschrift, Neu, Treffpunkt, Erlebnis, Rhetorik

Der Vortragende schluckte nervös. Die Überschrift auf der Flipchart verschwamm vor seinen Augen. Seine Erfolgsgeschichte hatte doch so vielversprechend begonnen.
Am vereinbarten Treffpunkt hatte schon die Assistentin des Vorstandsvorsitzenden auf ihn gewartet.
 
Die Umgebung in dem noblen Seminarhotel war für ihn völlig neu gewesen.
Was für ein Erlebnis!
 
Zuerst diese unglaubliche Geschichte mit dem Video, das viral gegangen war.
Dann der Anruf von dem Konzernpressesprecher.
 
Und jetzt starrten ihn so viele Augen in dem Seminarraum an. Er hatte sich immer auf seine Rhetorik verlassen können. Aber jetzt war er völlig verunsichert.
 
„Einfach von 10 runterzählen!“, dachte er, nahm einen Schluck Wasser aus dem Glas auf dem Pult und fuhr fort mit seinem Vortrag.










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Der Komet - Wasserzeichen

Der Komet

Heiß, so glühend heiß!
Ich hole Luft, um zu schreien, aber die trockene, klirrendkalte Arktisluft bringt meine Lungenbläschen nur weiter zum Kochen.
 
Die brennende Kälte vermischt sich mit der pochenden Hitze in meinem Körper. Mein Herz rast und ich sehe mich hilfesuchend um. Aber meine Augen bewegen sich nicht. Ich blicke hinauf in den Himmel.
 
Eiskristalle tanzen in und vor meinen Augen.
Watteüberzogene Bäume begrenzen mein Blickfeld.
Die Hölle friert zu und in meinem Körper breitet sich wohlige Wärme aus. Ein helles Licht lässt Eiskristalle wie Glühwürmchen über die Lichtung tanzen. Mein Herzschlag wird langsamer und lässt das Licht unregelmäßig an mich herantanzen und zieht es wieder weg.
 
Für kurze Momente erscheint der verschwommene Schweif des Kometen glasklar. Die Stille der klirrenden Kälte beruhigt mich.
 
Die Erde dreht sich, der Komet bewegt sich.
Kein Herzschlag stört die Stille.
Das Licht und die Kristalle hüllen mich ein.








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Die gestohlenen Bilder- Günter WASSERZEICHEN

Die gestohlenen Bilder

Unterwachtmeister Fridolin starrte verwirrt auf den neuen Häftling. Er blinzelte und hoffte auf eine Sehstörung seiner Facettenaugen.
Die Kadetten Peter und Lisa versuchten verzweifelt den Häftling mit ihren Fangarmen festzuhalten.
 
Peter rief: „Jetzt halt doch endlich still!“, während Lisa „Handschellen, wir brauchen mehr Handschellen!“, stammelte.
 
Unterwachtmeister Fridolin klärte die Situation, indem er die Beine des sich windenden Häftlings mit einem klebrigen Faden fixierte.
 
„Bäää, Misshandlung, das ist ja eklig!“, rief der Häftling.
„Ich kann deinen Mund auch noch zukleben.“, antwortete Oberwachtmeister Fridolin.
Der Häftling sagte nur noch „Anwalt!“ und schüttelte sich vor Ekel.
 
Unterwachtmeister Fridolin fixierte die Kadetten mit seinen unzähligen Augen. Die Stabschrecken senkten schuldbewusst ihre Köpfe.
 „Tut uns leid, Herr Unterwachtmeister, das war unsere erste Tausendfüßler Verhaftung.“, sagte Kadett Peter.
„Er war zusammengerollt zu groß für das Seil und über die vier paar Handschellen hat er nur gelacht.“, grummelte Lisa.
 
Unterwachtmeister Fridolin schüttelte enttäuscht den Kopf und sagte:
„Ihr zwei habt eine Woche Schreibtischdienst und die Haselnussblätter sind fürs erste auch gestrichen!“.
„Nicht die Haselnussblätter!“, heulte Kadett Peter, während er hinter Lisa her aus dem Aufnahmeraum der Stadtwache stakste.
„Und jetzt zu uns Jonny.“, sagte Unterwachtmeister Fridolin.
„Konntest deine Arme, ähh, Beine nicht von den Bildern lassen?“
„Michse?“, sagte Jonny unschuldig.
„Ja, dichse. Blöd für dich, dass du dabei gesehen wurdest, wie du die kostbaren Rubens Nacktschneckenbilder aus dem Museum gestohlen hast! Und bevor du etwas sagst. Wir haben Beweise.
Deine Fußabdrücke waren überall!“.










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Der alte Mann im Spiegel - Günter - Wasserzeichen

Der alte Mann im Spiegel

Wer ist dieser alte Mann im Spiegel?
Und was hält er da in der Hand?
Ich schrecke mich. Ich?
Der alte Mann runzelt die Stirne.
Falten bilden sich um seine Augen.
Lachfalten? Er lächelt.
Und ich?
Ich beobachte den alten Mann im Spiegel wie er den Gegenstand vor seinem Gesicht beobachtet.
Ein Zauberstab?
Er wedelt damit vor dem Spiegel und hinter dem Spiegel herum.
„Abrakadabra!“, ruft – Er?
Wir lachen beide.
Wer ist dieser nette, attraktive, alte Mann?
Ist das mein Vater?
Er blinzelt und ich stehe vor einer Türe.
Er hat mich weggeblinzelt!
Wo ist mein Hut?
Ohne meine Melone komme ich nicht nach Hause zurück!
Mein Körper zittert, erfüllt von Unruhe.
Warme Hände legen sich auf meine Schultern.
Ich blinzle und sitze in einem Garten.
Ich blicke mich um und sehe sie und alles ist gut.
Ich? Unwichtig.












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Schutz- Günter WASSERZEICHEN

Schutz

Eine Windböe stieß Julia auf Laura und drückte beide an die steile Felswand. Laura stöhnte auf und sackte zusammen. Julia konnte gerade noch mit letzter Kraft verhindern, dass sie beide von dem schmalen Weg in die Tiefe taumelten.
 
Schwer atmend presste sie ihren Kopf an Lauras Brust. Der Lichtstrahl ihrer Kopflampe verschwand in Lauras Anorakjacke und tauchte die Felslandschaft wieder in pechschwarze Finsternis.
 
„Ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr!“, hörte sie Laura schluchzen.
 
Wie konnte dieser wunderbare Kletterausflug so schnell eskalieren? Vor einer halben Stunde hatte Laura noch gelacht, die Haare zerzaust vom aufkommenden Wind und jetzt kämpften sie beide ums Überleben. Hagelkörner prasselten auf ihren Kopf und Rücken.
 
„Wir müssen weiter!“, presste Julia hervor, „Es kann nicht mehr weit sein!“.
 
500 Meter hatte ihr der Mann von der Bergwacht am Telefon gesagt. Den Weg entlang bis zu der riesigen Tanne.
 
„Wie soll ich in diesem scheiß Wetter eine Tanne sehen?“, dachte Julia und ließ verzweifelt den Lichtstrahl ihrer Kopflampe hin- und herpendeln. Laura sackte zusammen, aber Julia schob sie wieder Felswand entlang nach oben.
 
„Du gibst mir jetzt nicht auf!“, schrie sie Laura durch das Kreischen der nächsten Windböe hindurch an. Sie schob Lauras linken Arm wieder über ihre Schulter.
 
„Hinter der nächsten Biegung muss es sein!“, rief sie und zog eine stöhnende Laura mit ihr mit, den Weg entlang. Julia aktivierte ihre letzten Reserven und taumelte mit Laura um die Biegung in die undurchdringliche Schwärze des Unwetters. Julias Kopflampe ließ nur schemenhafte Umrisse auftauchen und sofort wieder verschwinden.
 
Der Wind trieb sie unbarmherzig weiter voran, bis sie beide plötzlich mit voller Wucht gegen ein Hindernis prallten. Julia sah Sterne und schmeckte Blut, das bei jedem verzweifelten Atemzug in ihrem Mund landete. Geistesgegenwärtig hielt sie sich an dem Hindernis fest und rief:
 
„Laura, halt dich fest!“.
 
Mit vereinten Kräften schafften sie es, sich gegen den Wind zu stemmen und stehen zu bleiben. Laura versuchte ihren Blick auf das Hindernis zu fokussieren.
 
„Ist das ein fucking Baum?“, presste sie heraus.
„Ist mir scheiß egal, Hauptsache er will mich nicht umbringen!“, krächzte Laura.
 
Julia richtete den Strahl ihrer Lampe am Baum vorbei in die Finsternis. Irgendetwas reflektierte plötzlich den Lichtstrahl. Ein Fenster materialisierte sich in der Dunkelheit.
 
„Das muss die Hütte sein!“, rief Julia und zerrte eine auf einem Beim hüpfende Laura mit sich.
 
Eine Windböe warf beide gegen die knorrige Tür der Schutzhütte, die unter ihrem gemeinsamen Gewicht nachgab und sie unsanft auf dem Boden der Hütte landen ließ. Laura schrie auf, aber sie umklammerten  sich gegenseitig schluchzend, lebendig und in Sicherheit zu sein.















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Rock n' Roll - Günter WASSERZEICHEN

Rock n‘ Roll

Stroboskoplicht verzerrt die Gesichter
Grün, Rot, Blau
Farben verwischen die Konturen
Figuren – mannigfaltig bewegend
 
Durchbrechen die Dimensionen
gespiegelt in die Unendlichkeit
gespiegelt in die Winzigkeit
oben – unten – links – rechts
 
Den Blick verwirrend
blitzen Arme auf und Beine
verschmolzen durch
bunte – wirbelnde – reflektierende
 
Stoffe
verstofflichte Träume
von Freund und Liebe
Ehrgeiz und Wut
 
Die sich entladen
in schwitzenden Leibern
lächelnd – verbissen – entrückt
im Versuch die Realität
 
Zu wandeln
zu verwandeln
in einen Traum ohne Gedanken
nur Bewegung und Sein
 
Auf einer Welle von Musik
bis zum
erlösenden?
befreienden?
lilusionsraubenden?
alles beendenden?
 
Tod – der durch das Verstummen
der Musik, dem Stillstand der Bewegung
einen schwer atmenden Moment
 
Der Hoffnung schafft
auf einen Lichtblitz, einen Ton und ein Gefühl
mit dem alles von Neuem beginnt








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Tiefsee - Günter WASSERZEICHEN

Tiefsee

Schon seit Tagen trieb das Yeti-Krabben-Ei durch die ewige Finsternis. Herausgeschleudert vom Rücken ihrer Mutter durch eine unerwartete Eruption in der sonst sicheren Nische auf einem Seiten-Schlot ihres Heimat-Black-Smokers.
 
Die gewohnte, wohlige Hitze verwandelte sich schnell in die indifferente Kühle der Tiefsee. Das Ei trieb vorbei an den unzähligen gefahren, die in der Finsternis lauerten. Nur wenige Zentimeter vorbei am zähnefletschenden Maul des Anglerfisches. Weitergewirbelt von vorbeiziehenden Planktonräubern, einer ungewissen Zukunft entgegen.
 
Nur noch ein kleiner Lebensfunke steckte in dem Ei, als es von einer heraufziehenden Strömung erfasst wurde. Aufgewirbelte Sedimente legten sich schützend um das Ei.
 
Wie ein Staubkorn, das zur Schneeflocke wird und dann zu Boden sinkt, wurde das umhüllte Ei wieder langsam in die Tiefe gezogen.
Doch plötzlich blieb es an etwas hängen und unterbrach seine Reise ins Nichts.
 
Warmes, schwefelhaltiges Wasser belebte die verbliebenen Lebensgeister des Eies. Es kullerte weiter und streifte dabei den Sedimentballast ab und landete in einer kleinen Höhle. Die Wärme entfachte die gestoppte Zellteilung auf ein Neues.
Das Ei begann zu träumen von heißen Anemonenwiesen und kräftigen, zotteligen Scheren, die unentwegt schmackhafte Nahrung in ihren Mund stopfen werden.


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