von Michaela und Günter

Autor: Günter Schaden Seite 5 von 11

Schutz- Günter WASSERZEICHEN

Schutz

Eine Windböe stieß Julia auf Laura und drückte beide an die steile Felswand. Laura stöhnte auf und sackte zusammen. Julia konnte gerade noch mit letzter Kraft verhindern, dass sie beide von dem schmalen Weg in die Tiefe taumelten.
 
Schwer atmend presste sie ihren Kopf an Lauras Brust. Der Lichtstrahl ihrer Kopflampe verschwand in Lauras Anorakjacke und tauchte die Felslandschaft wieder in pechschwarze Finsternis.
 
„Ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr!“, hörte sie Laura schluchzen.
 
Wie konnte dieser wunderbare Kletterausflug so schnell eskalieren? Vor einer halben Stunde hatte Laura noch gelacht, die Haare zerzaust vom aufkommenden Wind und jetzt kämpften sie beide ums Überleben. Hagelkörner prasselten auf ihren Kopf und Rücken.
 
„Wir müssen weiter!“, presste Julia hervor, „Es kann nicht mehr weit sein!“.
 
500 Meter hatte ihr der Mann von der Bergwacht am Telefon gesagt. Den Weg entlang bis zu der riesigen Tanne.
 
„Wie soll ich in diesem scheiß Wetter eine Tanne sehen?“, dachte Julia und ließ verzweifelt den Lichtstrahl ihrer Kopflampe hin- und herpendeln. Laura sackte zusammen, aber Julia schob sie wieder Felswand entlang nach oben.
 
„Du gibst mir jetzt nicht auf!“, schrie sie Laura durch das Kreischen der nächsten Windböe hindurch an. Sie schob Lauras linken Arm wieder über ihre Schulter.
 
„Hinter der nächsten Biegung muss es sein!“, rief sie und zog eine stöhnende Laura mit ihr mit, den Weg entlang. Julia aktivierte ihre letzten Reserven und taumelte mit Laura um die Biegung in die undurchdringliche Schwärze des Unwetters. Julias Kopflampe ließ nur schemenhafte Umrisse auftauchen und sofort wieder verschwinden.
 
Der Wind trieb sie unbarmherzig weiter voran, bis sie beide plötzlich mit voller Wucht gegen ein Hindernis prallten. Julia sah Sterne und schmeckte Blut, das bei jedem verzweifelten Atemzug in ihrem Mund landete. Geistesgegenwärtig hielt sie sich an dem Hindernis fest und rief:
 
„Laura, halt dich fest!“.
 
Mit vereinten Kräften schafften sie es, sich gegen den Wind zu stemmen und stehen zu bleiben. Laura versuchte ihren Blick auf das Hindernis zu fokussieren.
 
„Ist das ein fucking Baum?“, presste sie heraus.
„Ist mir scheiß egal, Hauptsache er will mich nicht umbringen!“, krächzte Laura.
 
Julia richtete den Strahl ihrer Lampe am Baum vorbei in die Finsternis. Irgendetwas reflektierte plötzlich den Lichtstrahl. Ein Fenster materialisierte sich in der Dunkelheit.
 
„Das muss die Hütte sein!“, rief Julia und zerrte eine auf einem Beim hüpfende Laura mit sich.
 
Eine Windböe warf beide gegen die knorrige Tür der Schutzhütte, die unter ihrem gemeinsamen Gewicht nachgab und sie unsanft auf dem Boden der Hütte landen ließ. Laura schrie auf, aber sie umklammerten  sich gegenseitig schluchzend, lebendig und in Sicherheit zu sein.















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Rock n' Roll - Günter WASSERZEICHEN

Rock n‘ Roll

Stroboskoplicht verzerrt die Gesichter
Grün, Rot, Blau
Farben verwischen die Konturen
Figuren – mannigfaltig bewegend
 
Durchbrechen die Dimensionen
gespiegelt in die Unendlichkeit
gespiegelt in die Winzigkeit
oben – unten – links – rechts
 
Den Blick verwirrend
blitzen Arme auf und Beine
verschmolzen durch
bunte – wirbelnde – reflektierende
 
Stoffe
verstofflichte Träume
von Freund und Liebe
Ehrgeiz und Wut
 
Die sich entladen
in schwitzenden Leibern
lächelnd – verbissen – entrückt
im Versuch die Realität
 
Zu wandeln
zu verwandeln
in einen Traum ohne Gedanken
nur Bewegung und Sein
 
Auf einer Welle von Musik
bis zum
erlösenden?
befreienden?
lilusionsraubenden?
alles beendenden?
 
Tod – der durch das Verstummen
der Musik, dem Stillstand der Bewegung
einen schwer atmenden Moment
 
Der Hoffnung schafft
auf einen Lichtblitz, einen Ton und ein Gefühl
mit dem alles von Neuem beginnt








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Tiefsee - Günter WASSERZEICHEN

Tiefsee

Schon seit Tagen trieb das Yeti-Krabben-Ei durch die ewige Finsternis. Herausgeschleudert vom Rücken ihrer Mutter durch eine unerwartete Eruption in der sonst sicheren Nische auf einem Seiten-Schlot ihres Heimat-Black-Smokers.
 
Die gewohnte, wohlige Hitze verwandelte sich schnell in die indifferente Kühle der Tiefsee. Das Ei trieb vorbei an den unzähligen gefahren, die in der Finsternis lauerten. Nur wenige Zentimeter vorbei am zähnefletschenden Maul des Anglerfisches. Weitergewirbelt von vorbeiziehenden Planktonräubern, einer ungewissen Zukunft entgegen.
 
Nur noch ein kleiner Lebensfunke steckte in dem Ei, als es von einer heraufziehenden Strömung erfasst wurde. Aufgewirbelte Sedimente legten sich schützend um das Ei.
 
Wie ein Staubkorn, das zur Schneeflocke wird und dann zu Boden sinkt, wurde das umhüllte Ei wieder langsam in die Tiefe gezogen.
Doch plötzlich blieb es an etwas hängen und unterbrach seine Reise ins Nichts.
 
Warmes, schwefelhaltiges Wasser belebte die verbliebenen Lebensgeister des Eies. Es kullerte weiter und streifte dabei den Sedimentballast ab und landete in einer kleinen Höhle. Die Wärme entfachte die gestoppte Zellteilung auf ein Neues.
Das Ei begann zu träumen von heißen Anemonenwiesen und kräftigen, zotteligen Scheren, die unentwegt schmackhafte Nahrung in ihren Mund stopfen werden.


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Sommer- Günter WASSERZEICHEN

Realität?

Thema: Sommer

Amelie schwitzte.
Die Gartenhütte hatte sich in eine Sauna verwandelt. Sie roch aber nicht nach Eukalyptus sondern nach einer benommen machenden Mischung aus Dünger, Erde und dahinmodernden Gartengeräten.
 
„Wo hat Tom schon wieder diese verflixte Harke versteckt?“, dachte Amelie.
 
Die einzelnen Lichtstrahlen, die durch die verrosteten seitenwände der Gartenhütte das Halbdunkel durchbohrten, verzerrten die Silhouetten der Gegenstände.
Die Punkte aus Licht tanzten über Amelies Netzhaut und erzeugten Bilder, die von Picasso stammen könnten.
 
Der alte Rasenmäher verschmolz mit Teilen des Häckslers zu einer Maschine mit einem Trichtermaul und der schlaffe Plastikschlauch des kaputten Pools schlängelte sich über den Spielzeugkaufmannsladen als wolle er ihn assimilieren und dann mit den Schubladenaugen klimpern.
 
Amelie versuchte diese Visionen abzuschütteln und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht.
Die angstschweißkalten Hände auf ihrem heißen, verschmitzten Gesicht brachten sie wieder in die Realität zurück.
 
Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter.
Hatte sich in diesem kurzen Moment der Unaufmerksamkeit ein Cyborg-gewordener Gegenstand an sie herangeschlichen?
Ein Schrei löste sich in ihrer verkrampften Kehler und sie drehte sich herum.
Eine Gestalt direkt vor ihr, unerkennbar im grellen Gegenlicht der offenen Gartenhüttentüre.
 
„Waaas?“, stammelte Tom, völlig überrascht von Amelies Reaktion.
 
Amelie versuchte ihren rasenden Herzschlag zu verlangsamen. Wut und Scham kämpften in ihr um die Vorherrschaft.
 
„Wo ist diese verdammte Harke?“, krächzte Amelie und versucht verzweifelt die Reste ihrer kubischen Fantasie aus ihrem Gehirn zu vertreiben.
 
„Alles OK mit dir?“, fragte Tom, „Brauchst du was zum Trinken? Ist höllisch heiß hier drinnen!“.
 
Amelie wurde jetzt erst bewusst, wie trocken ihr Mund war.
„Aber die Harke!“, sagte Amelie verzweifelt.
 
Tom hob seine linke Hand, in der er die Harke hielt.
„Hab dir hinterhergerufen, dass ich sie schon mitgebracht habe, aber da warst du schon in der Hütte.“, sagte Tom.
 
Amelie warf noch einen letzten skeptischen Blick zurück in die Hütte und sagte:
„Muss wirklich schon dehydriert sein.“, während sie erleichtert aus der Hütte ging.
 
Der Poolschlauch kicherte leise, während er weiter mit dem Kaufmannsladen verschmolz.









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Gebrauchsanweisung Günter WASSERZEICHEN

Fanfiction – A Tribute to Qualityland

Thema: Gebrauchsanweisung

„Bitte geben Sie uns eine 5-Sterne Bewertung!“, äffte Peter Arbeitsloser die Lieferdrohne nach, die ihm dieses unerwünschte Paket gebracht hatte.
 
„Na, das gibt definitiv keine 5-Sterne Bewertung“, dachte Peter.
Aber Niemand, seine persönliche Assistenz-KI wies ihn sofort zurecht.
„Niemand gibt keine 5-Sterne Bewertung!“, rief sie direkt in sein Hörzentrum.
„Also hast du schon einmal eine andere Bewertung gegeben?“, fragte Peter verwirrt.
 
Niemand seufzte nur, während Peter sich weiter in Rage redete.
„Nicht einmal eine Gebrauchsanleitung ist dabei! Schreib das in den Kommentar der Bewertung!“, rief Peter und fuchtelte dabei wild mit dem rosa Delfinvibrator herum.
 
„Selbst dir sollte die Grundfunktion des Gerätes bekannt sein.“, sagte Niemand, „Und wenn ich mir deinen Suchverlauf…“.
„Ja, ja, da müssen wir nicht ins Detail gehen. Da geht’s ums Prinzip!“.
 
Niemand erkannte, dass es mal wieder einmal eine dieser Diskussionen war.
„Ich möchte dich nur darauf hinweisen, welchen Shitstorm deine letzte nicht-5-Sterne Bewertung nach sich gezogen hat. Soll ich diese jetzt wirklich so abschicken?“.
 
Peter Arbeitsloser dachte mit Schaudern zurück an den Tag, an dem er Niemand beauftragt hatte, die Größe der gelieferten Kondome als überdimensioniert zu kritisieren.
 
„Ähh, schreibe 5-Sterne und Funktion natürlich auch ohne Gebrauchsanleitung bekannt!“, sagte Peter und warf den rosa Delfinvibrator frustriert zurück in das aufgerissene Paket.

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Szenen einer Ehe WASSERZEICHEN Günter

Szenen einer Ehe

Bruno rülpste und stieß zum wiederholten Mal einen glühenden Röntgenstrahl aus den Enden seines Ereignishorizontes aus.
 
Bruno war beeindruckt von der Intensität seiner Strahlen, wenn auch diesmal keine exotischen Teilchen dabei waren.
 
Fünf Millionen Lichtjahre entfernt rollte Miriam ihre Plasmakorona und versuchte sich weiterhin auf ihre Einkaufsliste zu konzentrieren.
Ihre letzte Mahlzeit war ein G3 Stern gewesen und der Großteil davon war ihr durch eine überraschende Beschleunigung durch einen blauen Riesen durch die Lappen gegangen.
 
Aber Hauptsache Bruno konnte sich wieder seinen dicken Wanst mit dieser letzten Zwerggalaxie vollfressen.
Nicht dass er auf den Gedanken käme und mal den einen oder anderen Kugelhaufen zu ihr rüber beschleunigen würde.
 
Diese Fernbeziehung hatte schon bessere Zeiten erlebt.
 
Als sie beide das erste Mal diese zarte Anziehungskraft verspürt hatten und begannen, um ein gemeinsames Zentrum zu kreisen.
 
Als sich die Ränder ihrer Spiralarme das erste Mal zärtlich berührten und dieses Feuerwerk aus zusammengepresster Materie unzählige neue Sonnen aufleuchten ließ.
 
Als sie sich gegenseitig ganze Sonnensysteme zu katapultierten.
 
Als sie sich durch diese Materieküsse gegenseitig schmeckten.
 
Als er ihr noch exotische Teilchen zuschleuderte.
 
Miriam seufzte.
 
„Bis dass der Tod euch scheidet!“, dachte Miriam verbittert und spürte ein leichtes Ziehen in ihrer Singularität.
Wie Schmetterlinge streichelten zarte Gravitationswellen über ihren Ereignishorizont.
 
„Pablo!“, rief Miriam.
 
„Miriam!“, rief Bruno verzweifelt, als er spürte, wie ihr gemeinsames Gravitationszentrum langsam verschwand.









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Autobahn - WASSERZEICHEN Günter

Autobahn

„Stau, warum immer Stau?“, schrie Kemal sein verwittertes Lenkrad an.
 
Seit 20 Minuten stand er schon in der Hansonkurve und starrte sinnlos in den Laabergtunnel hinein.
 
Sein Taxidienst hätte schon vor 10 Minuten beginnen sollen, doch an diesem Montagmorgen stand er natürlich im Stau.
 
Kemal steckte sich eine Zigarette in dem Mund und starrte auf das leere Camel-Packerl in seiner Hand.
Auch das noch.
 
Wütend schob er die Zigarette zurück in das Packerl.
Er riss die Fahrertür auf und versuchte den Grund für den Stau zu erkennen.
Er kniff seine Augen zum Schutz vor der tiefstehenden Morgensonne zusammen und so wie seine Halsschlagadern, traten auch die tiefen Furchen rund um seine Augen hervor.
 
Vor ihm nur weiteres, wütendes Hupen.
 
„Sind sicher wieder diese scheiß Klimakleber!“, dachte Kemal, zog sein Feuerzeug heraus, steckte sich die letzte Zigarette in den Mund hielt inne.
 
„Wer weiß, wie lange dieser Scheißstau noch dauert?“, dachte Kemal mit einem Blick auf die leere Zigarettenpackung, die er frustriert auf den Beifahrersitz seines alten Mercedes geworfen hatte.
 
Kemal warf das unbenützte Feuerzug zu der Packung am Beifahrersitz und zog heftig an der Zigarette in seinem Mund.
 
Ein leichter Geruch nach Tabak erfüllte seinen Mundraum und seine Nase, aber der Nikotinkick fehlte definitiv.
Kemal verlor sich in Gewaltfantasien, in Träumen von chromblitzenden Hummern mit blutverschmierten Alufelgen.
 
Kemal kniff seine Augen noch stärker zusammen und versuchte die Bewegung mehrere Autos vor ihm einzuordnen.
 
„Enten, sind das Enten?“, dachte Kemal und griff gedankenverloren zu seinem Feuerzeug und zündete sich seine letzte Zigarette an.










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Führe einen Blinden- Günter - Wasserzeichen

Übergang

Thema: Führe einen Blinden

Das Augenlicht erlischt.
Der Fokus verliert sich.
Der Atem entweicht ein letztes Mal mit einem Seufzen.
Das grelle Deckenlicht wird stumpf.

Ein silberner Schatten senkt sich herab wie ein blinder Spiegel.
Orientierung weicht einer Weite, die keine Konturen kennt.
Eine Nacht bricht herein, verhüllt und umhüllt die Wahrnehmung.

Ich breite meine weißen Schwingen aus und berühre sanft.
Ich gebe Orientierung in der Orientierungslosigkeit.
Ich gebe Sicherheit in der Unsicherheit.

Blicklose Augen versuchen die Finsternis zu durchdringen.
Nur die Berührung bleibt.
Nur die Berührung führt aus der Einsamkeit in der Finsternis zu den vertrauten Stimmen hin.

Zu den vertrauten Gerüchen und Klängen, die durch meine weißen Schwingen dringen.
Und die Schwingen behutsam auf den Weg führen, heraus aus der Wahrnehmung und hinein in das Sein.






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Am Beginn meines Weges- WASSERZEICHEN Günter SG

Hansi

Thema: Am Beginn meines Weges

Die Tautropfen an den Spitzen der grünen Stängel perlen an meinen Fühlern herab und helfen mir dabei über die Wiese zu gleiten.
„Oh, wie schön ist der Morgen!“, denke ich, währen ich über die weißen Blütenblätter eines Gänseblümchens krieche.
 
Wäre da nicht das von der Sonne aufgeheizte, steinige Schotterband, das auf mich wartet.
Der Morgensnack im Salatfeld hatte mich heute länger als üblich aufgehalten. Aber diese zarten, würzigen Blätter sind einfach zu verführerisch schmackhaft.
 
Ich denke an die scharfkantigen, glühend heißen Kiesel, die sich in meinem Fuß bohren werden und sofort schlägt mein Herz schneller und meine Fühler ziehen sich zusammen.
Meine Zahnraspeln knirschen und ich versuche schneller voranzukommen.
„Wenn dieses Haus nicht dauernd wachsen würde, …“, denke ich und blick neidvoll zu meinen hauslosen Verwandten, die mich in der Zwischenzeit links und rechts überholt hatten.
 
„Konzentration, du Träumer!“
 
Ich versuche mich wieder auf meinen Weg zu konzentrieren.
Die Sonne brennt immer heißer herab, aber das Schotterband liegt jetzt endlich vor mir.
 
„Fühler einziehen und durch!“, versuche ich mich zu motivieren.
 
„Au, au!“. Ich spüre, wie sich die heißen Kiesel unter mir anhäufen und wie Schmirgelpapier meinen Fuß entlangreiben.
 
„Nur noch ein kleines Stück!“, denke ich und sehe sehnsüchtig zum schattigen Waldrand hinüber.
Ich krieche mit letzter Kraft den steinernen Wall am Rand des Schotterbandes hinauf und schleppe mich in die Sicherheit des kühlen Waldschattens.
 
Da! Die Höhle im Wurzelgeflecht des umgestürzten Baumriesens! Noch einmal die letzten Schleimreserven mobilisieren!
Im feuchten Lehmboden warten schon die bereits zugeklebten Häuser der Verwandtschaft.
 
„Morgen gibt’s Radieschen! Da bekomm ich zwar Blähungen, aber die wachsen viel näher am Wald!“, denke ich, kleistere mein Haus zu und träume von zarten Dahlientrieben.










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Bild einer alten Frau Schreibworkshop Seiwald WASSERZEICHEN Günter

Zerfallende Gedanken

Thema: Bild einer alten Frau

5 Karotten, 4 Erdäpfel, 2 Zwiebel…
Was fehlt noch?
Ah, eine Staude Lauch!
 
Wenn mir meine nichtsnutzige Schwiegertochter beim Einkauf helfen könnte, wäre das großartig!
Leider sehr unwahrscheinlich.
 
Mein armer Sohn. So brav in der Schule und jetzt eine Alkoholikerin als Frau.
 
Was fehlt noch?
 
Öl ist im Hause. Wieviel Geld ist da?
Ich kann nicht wieder anschreiben lassen.
 
Hat die Schwiegertochter wieder alles versoffen?
Hoffentlich hat sie das Versteck in der rostigen Dose hinter dem Herd noch nicht gefunden.
 
Was fehlt noch?
 
Müdigkeit habe ich genug. Holz ist auch noch da.
Nur noch ein paar Minuten ausruhen.










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