von Michaela und Günter

Autor: Günter Schaden Seite 6 von 11

Beginne etwas neues oder fang neu an Schreibworkshop Seiwald WASSERZEICHEN Günter

Ungewisse Zukunft

Thema: Beginne etwas Neues oder fang neu an

Sarah stand vor dem Eingang des Genetic Future-Komplexes in Denver.
Junge, dynamische Menschen strömten in beiden Richtungen an ihr vorbei. Der eine oder andere neugierige Blick streifte sie, stach sie doch mit ihrer schwarzen, runzligen Haut und ihren antiken Holzstock aus der Menge heraus. Ihr Kommunikator piepste und riss sie aus ihrer Erstarrung.
Eine Nachricht vom Krankenhaus, in dem ihr Mann lag.
Die letzte Mahnung für die Bezahlung der Behandlungskosten.
Ein astronomischer Betrag.
 
„Diese erpresserischen Schweine wissen leider, was sie tun.“, dachte Sarah und versuchte ihre verkrampften Kiefermuskeln zu lockern.
„Macht keinen Sinn, das noch länger aufzuschieben.“, dachte Sarah und humpelte, auf ihren Holzstock gestützt, durch den Eingang.

„Wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte der Rezeptionsroboter.
Sarah hielt ihm wortlos ihren Kommunikator mit dem Anzeigebild ihres Termins hin. Die Anzeige am Bildschirm des Rezeptionsrobotors wechselte auf grün. Sarahs Kommunikator piepste und zeigte ihr den Weg zur medizinischen Abteilung von Genetic Future an.
 
„Vielen Dank für Ihren Besuch!“, hörte Sarah von hinten, bereits am Weg zur Schlange vor den Kontrollschranken. Beim Warten in der Schlange zogen noch einmal Bilder der verrückten letzten drei Tage an ihrem inneren Auge vorbei. Die Verzweiflung am Bett ihres Mannes, dann die Nachricht von Genetic Future. Ihr Ergebnis des Screening-Tests, der bei allen Einwohnern Denvers über 70 durchgeführt wurde.
Mit dem unglaublichen Angebot, das ihre allergrößte Sorge mit einem Schlag aus der Welt schaffen würde.
Aber gleichzeitig das definitive Ende ihres derzeitigen Lebens bedeuten würde.












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Mensch, spaziergang, einkaufen, nach Hause Schreibworkshop Seiwald WASSERZEICHEN Günter

Der Spaziergang

Thema: Mensch, Spaziergang, einkaufen, nach Hause

„Linke Krücke, rechtes Bein, rechte Krücke, linkes Bein“, dachte Luis konzentriert auf seinem Weg zur Busstation.
Der rissige Asphalt des Gehsteiges machte die Fortbewegung auch nicht leichter.
Luis blieb kurz an einem besonders tiefen Loch hängen und schaffte es gerade noch das Gleichgewicht zu halten.
 
Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn und blonde Haarsträhnen vor seinem Gesicht engten das Blickfeld noch weiter ein.
Nur noch ein paar Meter bis zur Busstation.
Luis versuchte den weiteren Weg durch seine Haarsträhnen zu erkennen.
 
„Hoffentlich kommt der Bus heute nicht pünktlich!“, dachte Luis und sah diesen natürlich schon von der Wallnerstraße aus einbiegen.
 
„Keine Chance!“, dachte Luis und blieb schwer atmend stehen.
 
Sein Blick fiel auf den Snackautomaten neben der Busstation.
„Wenigstens muss ich nicht verhungern.“, dachte Luis und humpelte konzentriert weiter.
 
„Die kandierten Erdnüsse sind natürlich aus.“, murmelte Luis frustriert.
„Die Snackmandeln sind sowieso viel gesünder!“
 
Luis sah sich um und versuchte den Ursprung der Stimme zu lokalisieren.
Eine Hand winkte hinter dem Automaten aus der Busstation hervor.
Dann erschien auch noch ein hübsches Gesicht mit langen, pinken Haaren, das ihn anlächelte.
 
„Hab auch den blöden Bus verpasst. Kann ich dir irgendwie helfen?“, sagte sie mit einem Blick auf Luis Krücken.
„Offensichtlich bei der Auswahl deiner gesunden Snackalternative.“, sagte Luis lächelnd.









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Liebe ohne es zu erwähnen Schreibworkshop Seiwald Günter WASSERZEICHEN

Finsternis

Thema: Liebe ohne es zu erwähnen

Finsternis. Pechschwarze Finsternis.
„Wo bin ich?“, krächzte Nino.
Ein kurzes Flackern in der Ferne.
„Nino!“
„Ich bin hier!“, versuchte er zu antworten.
Der Druck auf seiner Brust ließ aber nur ein kurzes Husten zu.
„Nino!“
Das Flackern pendelte näher, hin und her.
Nino versuchte vorsichtig Luft zu holen.
Etwas schrammte über sein Gesicht.
Das Flackern kam noch näher und Nino erkannte das Seil, das über sein Gesicht rutschte.
„Nino, ich komme!“
„Renate!“, hustete Nino, während eine Gestalt zu ihm herabglitt.
„Alles wird gut!“, seufzte Renate und küsste Nino zärtlich auf die Stirn.











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Vernunft

Des Menschen Vernunft ist wie eine Feder
leicht, aber hohl
schnell ausgerupft im Streit
trägt ein Lufthauch sie fort

nur ein Lichtblitz im Äon der Zeit
erstrahlt das weiße Weiß
so wunderschön und zart
doch sprießt sie langsam

so unendlich langsam
so wertvoll wie ein Diamant
aber so unvergleichlich vergänglich
aber so farbenfroh wie der Regenbogen

hebt sie uns empor in den Himmel
zum Licht, das uns zu Menschen macht
und wir erkennen hell und klar
wie leicht der Flug mit dieser Feder war












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Vernunft WASSERZEICHEN Günter

Die Kekse

Thema: Vernunft

„Herr, lass Hirn vom Himmel regnen!“, schallte der Mamas verzweifelte Ruf durch die Küche.
„Aber nicht ohne Ei!“, rief ich noch schnell über meine Schulter, bereits am strategischen Rückzug vom Tatort.
Das Geklapper meiner Schlapfen auf meiner Flucht die Treppenstufen hinab konnte nicht ganz Mamas „Pfui, Aus!“-Rufe übertönen. Das war einfach nur eine Verkettung unglücklicher Umstände gewesen.
Ich wollte nur ganz unauffällig ein paar Weihnachtskekse fladern und konnte wirklich gar nix dafür, dass die Dose mit den unnötigen Streuselkeksen bei meinem Griff in die Schokokekse ins Wanken geriet und dummerweise direkt vor dem sabbernden Maul dieser gierigen Spanieldame landete.
Ich vergönn ihr ja die grauslichen Kekse, aber ich werde dieses Weihnachten Kekse wahrscheinlich nur mehr im glücklich mampfenden Mund meiner Schwester zu Gesicht bekommen.













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Lebensträume Günter Wasserzeichen

Lebensträume

Knorrige Wurzeln
Verzweigte Stämme
Verwirrte Träume
Verwischen den Wald
 
Grüne Tropfen
Versprengt auf der Leinwand des Lebens
Vermischen sich mit dem Braun
Des herabrieselnden Laubes
 
Goldene Schwerter des Lichts
Zerschlagen abgestorbene Träume
und schaffen Zeit und Raum
für Lebensträume
 
Träume, die wie Lava
Aus den geborstenen Spalten emporspritzen
Alles Abgestorbene verschlingend
In sich aufnehmend
 
Um sich zu erheben – bebend
Vor Freude zitternd
Als Phönix, als mystischer Traum
Der keine Grenzen kennt
 
Der Vergangenheit ist
Und Zukunft
Der Tosen ist
Und Stille
 
Ein Lebenstraum





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2021 11 12 - Ablauf nach Walt Disney Schreibworkshop Seiwald WASSERZEICHEN Günter

Josie

Thema: Ablauf nach Walt Disney

Es war einmal eine Stachelschwein-Dame namens Josie.

Jeden Tag musste sie sich auf den Weg zur Arbeit durch die dichten Büsche des „Guten Morgen“- Waldes zwängen.

Dabei verlor sie auf schmerzhafte Weise immer wieder ein paar Stacheln, weil sie im dichten Buschwerk hängen blieb.

Eines Tages, als sie wieder einmal in den Büschen hängen blieb, hörte sie hinter sich eine Stimme, die sagte: „langsam, langsam, warte ich helfe dir“.

Und so kam es, dass die verkeilten Stacheln vorsichtig, eine nach der anderen, aus den Büschen befreit wurden.

Und so kam es, dass Josie einen neuen Freund fand und mit ihm gemeinsam einen verborgenen Weg fand, der sie zu aufregenden Abenteuern führte.

Bis sie endlich gemeinsam eine Näherei gründeten.


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Der Tag danach- WASSERZEICHEN Günter

Vishnu

Thema: Der Tag danach

„Das kam überraschend!“, dachte Vishnu der Gott der Welterhaltung, als er aus der Toilettenhalle des 5.Himmels trat. Von rechts, aus der Richtung der dritten Höllenpforte, ertönte ein hämisches Kichern.

„Belzebuul, du hinterhältiges Monster, was hast du wieder angestellt?“, schrie Vishnu und blickte frustriert auf die rotglühende Lava-Oberfläche der Erde hinab. Kein zartes Blau der Ozeane, kein sattes Grün der Wälder, kein besänftigendes Ocker der Wüsten war mehr zu sehen.
 
„Da macht man alle 100 Millionen Jahre eine Pinkelpause und schon fallen einem die undankbaren Miesepeter in den Rücken!“, dachte Vishnu und trauerte – einen Augenblick lang – für 1000 Jahre, um die Vielfalt seiner Schöpfung.
 
„Dem kleinen Widerling wird das Lachen schnell vergehen.“, dachte Vishnu und rief: “Man reiche mir den Himmelsfernschreiber!“
Zwei pummelige Elfen mühten sich ab, den Plutogroßen Moloch über die wattigen Wolken zu zerren.
 
„Geht das nicht schneller?“, nörgelte Vishnu.
Die Elfe mit dem blonden Bart fing an zu lachen und flüsterte Ihrem Begleiter etwas zu.
„Was ist da so lustig?“, polterte Vishnu.
Beide Elfen stolperten lachend über die letzten zwei Wolken, während der Himmelsfernschreiber hinter ihnen im zick zack hin und her sprang und die oben befestigte Fernschreiberglocke wild unregelmäßig bimmelte.
 
„Die werden das Ding noch ruinieren!“ dachte Vishnu und schaute missbilligend den Elfen entgegen.
Die Elfe mit dem blonden Bart deutete schon wieder auf etwas in Vishnus Rücken.
„Undankbare Bastarde!“, dachte Vishnu, „Denen werde ich zwei Äonen Fitnesscenter verpassen, jetzt, wo der Lockdown vorbei ist!“, und blickte über die Schulter, um zu ergründen, was die Elfen so lustig fanden.
Hinter ihm kräuselte sich das rosa Krepptoilettenpapier von der Toilettenhallentür bis in den Bund seiner güldenen Trainingshose.
 
„Ei der Tauz!“, rief Vishnu, während neuerlich ein schadenfrohes Kichern durch die dritte Höllenpforte zu ihm heraufdrang.











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Ich erinnere mich Schreibworkshop Seiwald WASSERZEICHEN Günter

Erinnerung

Thema: Ich erinnere mich

Ich erinnere mich. Erinnere ich mich?
Gedanken – Kreise. Oder sind es Spiralen?
Der Wald ist mein Bruder, er schützt mich!
Schütze ich meinen Bruder?

Spiralen aus Verwirrung winden sich durch die Erinnerung
Sind sie der Anfang oder das Ende?
Ziehe ich an einem Ende der Gedanken-Spirale
Entstehen dann wieder neue Spiralen-Gedanken?

Ich sehe ein Kind im spiegelnden See
Bin das ich oder nur mein Zwilling?
Ein Sprung hinein in das Wasser des Lebens
gibt es einen Moment, in dem ich verschmelze?

So viele Stimmen in meinem Ohr
ist eine davon die meine?
Alles so laut und erdrückend
warum ist alles so still in mir?

Ein Gesicht verändert sich zu einem anderen
Wem gehört dieses Gesicht?
Die Suche nach dem ich
begleitet mich mein Zwilling?

Die Spiralen-Gedanken spiralen weiter
berühren Sie sich dabei?
Werden sie zu einem großen Kreis?
Einem Kreis des Lebens?

Ja, er umschließt mich und meine Zwillinge.








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Hilde-Nimm einen Teil des Plots Schreibworkshop Seiwald WASSERZEICHEN Günter

Hilde

Thema: Nimm einen Teil des Plots

Ein Schlagloch riss Hilde aus ihrem verworrenen Traum. Die Scheinwerfer des Autos bohrten sich ins Dunkel der Nacht und reflektierten am nassen Asphalt der Bundesstraße.

Hilde blickte nach links auf das vertraute und doch so fremde Gesicht ihres 83-jährigen Vaters. Das schwache Licht der Armaturenbeleuchtung hinterließ tiefe Schatten in Josefs zerfurchtem Gesicht und ließ die gekrümmte Nase noch schärfer hervortreten.

Hilde konnte immer noch nicht fassen, dass ihr Leben noch vor einer Woche aus der eintönigen Arbeit in der Ölmühle bestanden hatte. Mit ihrem Vater hatte sie schon jahrelang kein Wort gewechselt und sein Dasein in der Wohnung über der Mühle ignoriert. Dieser eine Anruf von der Bank am verstaubten Festnetztelefon in der ungenutzten Werkstatt hatte alles geändert.

Ein weiteres Schlagloch riss Hilde aus ihren Gedanken.
Josef drehte sich zu ihr und sagte: „Bist du wach?“.
Hilde unterdrückte ihren ersten Impuls für eine schnippische Antwort und sagte einfach: „Ja, leider.“.
„Die Serben haben noch nie etwas ordentlich instand halten können.“, sagte Josef.

Hilde wusste nur wenig über die Vergangenheit des Mannes, der selbst 53 Jahre lang geglaubt hatte, ihr Vater zu sein.









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