von Michaela und Günter

Kategorie: Prosa Seite 10 von 11

Schweigen

Der Vorhang des Schweigens

Thema: Vorhang

War ihr Leben wirklich so furchtbar, dass sie nur mit eisernem Willen und mit gewaltiger Verdrängung damit leben kann.

Warum fiel es ihr so schwer, andere in sich hineinblicken zu lassen?

Waren es wirklich so viele falsche Entscheidungen, die ihr Leben so erschwerten?

Warum hat sie solche Angst davor ihrer Tochter ihre persönliche Seite zu zeigen?

Hatte sie Angst für einen schlechten Mensch gehalten zu werden?

Nein, so etwas würde ihre Tochter nicht tun!

Schließlich war der einzige Wunsch ihrer Tochter, sie als Mensch kennen zu lernen.

Außerdem ging es nicht um das Beurteilen ihrer Person, sondern sie vielleicht
auch einmal von ihrer verletzlichen Seite zu sehen.

Warum konnte die Tochter so viel ehrlicher, offener und reflektierter sein als die Mutter?





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Vorhang

Der Tatortreiniger

Thema: Vorhang

Ein sanfter Windhauch ließ den Vorhang langsam hin- und herschwingen. Die schrägen Sonnenstrahlen der sommerlichen Abendsonne brachten die purpurnen Flecken auf dem Vorhang zum Leuchten.
Sie schimmerten wie Infrarotaufnahmen von fernen Sternenhaufen.
Die leichte Brise verstärkte das zuvor kaum wahrnehmbare Brummen in ein hektischeres Gesumme.

Hindernisse im rötlichen Licht erzeugten ein punktförmiges Muster auf der Wand, gegenüber dem Fenster. Negativlicht tanzte über die Vielzahl von ovalen, kreisförmigen und unregelmäßigen rötlichen Flecken an der Wand. Schweres gedämpftes Atmen mischte sich zu dem immer lauter werdenden Brummen.

Mit einem Ächzen stieg ein schwarzer Schatten an der Wand empor und begann das Fleckenmuster zu überdecken. Eine Gestalt zeichnete sich ab. Sie erhob sich mühsam, schob sich über die Wand und schrumpfte wieder.





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-Wasserläufer- MICHAELA Wasserzeichen

Wasserläufer

Ich schließe meine Augen.

Ich bewege mich leise durch den Wald.
Alles ist ruhig und das Rascheln der Blätter, die sich im sanften Wind bewegen, bringen den Geist zur Ruhe.
Ich atme den herrlichen Duft des Waldes in langen Atemzügen in mich ein.

Während ich dahin schlendere, streichen meine Hände über weiches und sanftes Grün verschiedener Sträucher und Bäume.
Mal kitzelt es, mal sticht es ein wenig.
Vor mir erhebt sich eine kleine Lichtung.
Vorsichtig bewege ich mich auf sie zu.
Oben angekommen blicke ich auf einen kleinen Teich.

Ruhig und lautlos liegt er vor mir.
Auf ihm spiegeln sich die Bäume.
Kleine Wasserkreise, die durch das Luft schnappen der Fische entstehen, verlaufen sich zum Rand des Teiches.
Ich lasse mich auf einem abgeschnittenen Baumstumpf nieder um die Ruhe und die Kraft, die dieser Ort ausstrahlt in mich aufzusaugen.
Der erdige Duft steigt mir in die Nase und bringt noch mehr Entspannung mit sich.

Meditativ haftet mein Blick auf dem Teich und alles um mich herum verschwimmt.

Plötzlich zischt ein Wasserläufer durch mein Sichtfeld und weckt mich wieder auf.


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Rose

Azotl

Thema: Rose

Schnell und effizient folgte Azotl der leuchtenden Duftspurautobahn. Der Weg war so klar, dass sie ihre Gedanken schweifen lassen konnte. Der süße Geruch der entgegenkommenden Kolleginnen ließ sie von der warmen und feuchten Höhle ihres Baues träumen. Das schwach leuchtende Lumineszieren der schmackhaften Pilze war ganz anders als die gleißende Mittagssonne auf ihrem Arbeitsweg. Stillstand wäre nicht nur sprichwörtlich ihr Tod, denn nur ihre schnellen Füße sicherten emsig trippelnd ihr Überleben.

Aber wie auch am Tag zuvor, ließ sie die glühenden Steinplatten zurück und lief in den Schatten der mächtigen Rosenhecke. Gedanken an den beschwerlichen Aufstieg wurden durch die Aussicht auf die prall gefüllte Herde der Melk-Läuse verdrängt.

Die Frühlingssonne hatte die kahle Rosenhecke erweckt und zarte, saftige Triebe herausgebracht. Der nahrhafte Wachstumssaft hatte wiederum die neue Generation von Läusen wie ein Leuchtturm angelockt. Vorfreude auf die reiche Ernte wurde nur durch die dunkle Angst vor dem roten, schwarz getupften Monstern geschmälert. Doch sie hatte Vertrauen in die starken Wächterinnen, die sich selbstlos auf jeden Feind stürzten, die ihr Volk bedrohten.





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Winter

Thema: Murmeltier

Unruhig zuckte die Matronin des Murmeltier-Clans im Schlaf. Instinktiv spürte sie, dass auch die anderen, eng um sie herum gepackten Murmeltiere unruhig wurden. Ihre Winterruhe dauerte schon drei Monde lang. Die am Anfang des Winters noch speckgepolsterten Murmler hatten jetzt in ihrem Bau mehr Platz als ihnen lieb war.

Das gedämpfte Pfeifen des Windes sagte dem Clan, dass sie noch immer eine dicke Schneeschicht vor der unbarmherzigen Kälte des epischen Winters schützte. Das Kreischen des Windes begleitete den Clan schon eine halbe Mondphase lang. Sogar das regelmäßige Kratzen der Mäusekrallen hatte aufgehört. Die ursprünglich friedlichen gemeinsamen Träume von sorglosem Herumgetolle, waren hungrigen und ängstlichen Träumen von Gefahr und Unwettern gewichen.

Doch die Matronin hatte sie in vielen Wintern wieder in die wärmende Frühlingssonne hinausgeführt. Und so schichte sie den ängstlichen Mitgliedern Ruhe und Sicherheit in einem Traum von Wiesen voll mit saftigen Kräutern und dichtem, grünen Gras.






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Murmeltier

Murmeltier

Klein und wachsam,
wendig und schnell.

Loki kam aus seinem Bau, stellte sich auf die Hinterbeine und kniff die Augen zusammen.

Die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel.

Loki drehte den Kopf nach links,
wartete,


drehte den Kopf nach rechts,
wartete.


Nichts geschah.

Loki drehte um, ging langsam in seinen Bau zurück, rollte sich zusammen und schlief weiter.






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Graue Wolken Günter Wasserzeichen

Graue Wolken

Kreischend stieß die Stuka 77 durch die stahlgrauen Wolken des verregneten Novembertages. Oberstleutnant Gruber riss verzweifelt seinen Kopf von links nach rechts.
Die zwei wendigen Mustang-Kampfflieger waren in dem konturlosen Grau nicht zu sehen.

„Heilige Mutter Gottes, hilf!“, presste er hervor und zog mit einem Ruck den Steuerknüppel seiner Stuka nach rechts.
Die plötzlichen Fliehkräfte pressten Oberstleutnant Gruber tief in den Pilotensitz.

Instinktiv setzte Pressatmung ein, die ihn vor der Bewusstlosigkeit und Unabwendbarkeit seines Todes bewahren sollte. Was sinnlos wäre, wenn sich in diesem Moment eine der Mustangs rechts neben ihm befinden würde. Jeden Moment könnte der verschwommene Strom seiner Gedanken in einem Feuerball enden.

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-Ikea- GÜNTER Wasserzeichen

Sarah

Thema: Ikea

Grün flackerndes Neonlicht.

Jedes Flackern löste einen stechenden Schmerz in Sarahs Gehirn aus. Und jeder Stich schob die Übelkeit höher in Sarahs desorientieren Körper. Bis sich ihr Körper durch die unerträgliche Übelkeit zur Seite bäumte und sich in einem heißen Schwall in einen pochenden Kopfschmerz verwandelte.

Sarah versuchte sich von dem stechenden Neonlicht wegzudrehen. Irgendetwas stimmte mit ihren Händen nicht. Sie hob die Hände vor ihr Gesicht und versuchte ihren verschwommenen Blick zu fokussieren. Im ersten Moment konnte sie nicht begreifen was sie da sah. Ihre Hände wurden von einem schwarzen Plastikband zusammengepresst. Während Sarah versuchte sich darauf einen Reim zu machen sah sie jetzt auch ihre Umgebung genauer.
Das flackernde Neonlicht war zu einer Notausgangsbeleuchtung geworden, die in ihrem unsteten Schein einen Raum voll Möbel erleuchtete.

„Ist das ein scheiß IKEA?“ dachte Sarah. „Ich war doch gerade mit Maggy im Soho!?“






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Glas

Glas

Rundungen, weiche Rundungen ergeben diese Form.
Es kann Dinge fassen und bei sich behalten.
Wenn es fällt, erklingt ein klirrend heller Ton.

Seine Farbe erinnert mich an Jade.
Die Oberfläche ist glatt und hart, fühlt sich in der Hand aber trotzdem weich an.
Wenn man mit nassen Fingern am Rand entlang fährt, erklingen zarte Töne.

Je nachdem wie viel Flüssigkeit sich darin befindet, verändern sich die Töne.

Mehrere davon nebeneinander, mit verschiedenen Mengen an Flüssigkeiten ergeben, so man es kann, eine ganze Tonleiter.
Mit dieser schaffen geübte ganze Lieder zu spielen.

Nun bin ich mir gewiss, dass ihr wisst, welch Gegenstand das ist.





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2019 11 16 - Wasser und Luft Günter - Wasserzeichen

Die Jagd

Thema: Wasser und Luft

Die scharfe, kühle Morgenluft des nebeligen Novembertages schoss in die Lunge des dahinsprintenden Wolfes. Er spürte die Anwesenheit seines Rudels, obwohl es im dumpfen Dämmerlicht des anbrechenden Tages nicht sichtbar war.

Nur das vereinzelte Knacken eines Astes oder das Scheuern von Fell im Gebüsch verriet die Position seiner Gefährten. Wotan sprintete durch einen eiskalten Bach, immer konzentriert darauf, das Gleichgewicht zu halten. Er ignorierte die frostigen Tropfen, die vom aufgewühlten Wasser auf sein dampfendes Fell prallten. Stechender Hunger trieb seinen Fokus dazu jedes Geruchsmolekül seiner panischen Beute durch seine weit geöffnete Nase aufzusaugen.

Seine Aufgabe war klar, er durfte die Beute nicht zur Ruhe kommen lassen. Er musste Panik verbreiten, um seinem Rudel die Möglichkeit zu verschaffen, das einsame Reh zu flankieren. Zu viele Tage waren mit der frustrierenden Suche nach Beute vergangen. Die Jungwölfe brauchten dringend Nahrung.

Wotan spürte, dass der Nachwuchs das Tempo der Erwachsenen nicht mehr mithalten konnte. Und der harte Winter, der mit seinem Schnee den Geruch und die Spuren der Beute überdeckte, stand erst bevor.

Wotan versuchte die Gedanken an eine ungewisse Zukunft zu verdrängen und sich wieder auf seine aktuelle Aufgabe zu konzentrieren.











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