von Michaela und Günter

Kategorie: Prosa Seite 5 von 11

Der Vorname- MICHAELA WASSERZEICHEN

Der Vorname

Thema: Verwende die Begriffe, die mit den Buchstaben des Vornamens beginnen

Montag, Irene, Charisma, Halle, Arm, Egal, Lachen, Armenien

Es war Montag und Irene musste heute ihren Flug nach Armenien erwischen. In der Halle am Flughafen herrschte reges Treiben.
 
Menschen kamen von allen Seiten heran und verschwanden dann wieder an irgendwelchen Gates.
Als sie sich so durch die Massen bewegte, riss sie plötzliche jemand am Arm herum, begrüßte sie herzlich, schlang seine Arme um sie und drückte sie so fest, dass sie kaum noch Luft bekam.
 
Ihr Gesicht verschwand förmlich in der dicken Daunenjacke dieser Person.
 
„Oh wie schön, dich endlich wieder zu haben!“, hörte sie die Person sagen.
 
Völlig überrascht, kostete sie doch die Umarmung aus.
 
Fast widerwillig löste sie sich aus der Umarmung und sag in das Gesicht eines sehr charismatischen, jungen Mannes.
 
Entsetzt sah er sie an und schob sie abrupt von sich weg und begann sich augenblicklich zu entschuldigen.
 
Sie lachte laut auf und sagte mit hochrotem Kopf:
„Ist ja egal, ist ja nichts passiert! Kann ich Ihre Telefonnummer haben?“











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Der Vorname- GÜNTER WASSERZEICHEN

Der Vorname

Thema: Verwende die Begriffe, die mit den Buchstaben des Vornamens beginnen

Geschichte, Überschrift, Neu, Treffpunkt, Erlebnis, Rhetorik

Der Vortragende schluckte nervös. Die Überschrift auf der Flipchart verschwamm vor seinen Augen. Seine Erfolgsgeschichte hatte doch so vielversprechend begonnen.
Am vereinbarten Treffpunkt hatte schon die Assistentin des Vorstandsvorsitzenden auf ihn gewartet.
 
Die Umgebung in dem noblen Seminarhotel war für ihn völlig neu gewesen.
Was für ein Erlebnis!
 
Zuerst diese unglaubliche Geschichte mit dem Video, das viral gegangen war.
Dann der Anruf von dem Konzernpressesprecher.
 
Und jetzt starrten ihn so viele Augen in dem Seminarraum an. Er hatte sich immer auf seine Rhetorik verlassen können. Aber jetzt war er völlig verunsichert.
 
„Einfach von 10 runterzählen!“, dachte er, nahm einen Schluck Wasser aus dem Glas auf dem Pult und fuhr fort mit seinem Vortrag.










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Der Komet - Wasserzeichen

Der Komet

Heiß, so glühend heiß!
Ich hole Luft, um zu schreien, aber die trockene, klirrendkalte Arktisluft bringt meine Lungenbläschen nur weiter zum Kochen.
 
Die brennende Kälte vermischt sich mit der pochenden Hitze in meinem Körper. Mein Herz rast und ich sehe mich hilfesuchend um. Aber meine Augen bewegen sich nicht. Ich blicke hinauf in den Himmel.
 
Eiskristalle tanzen in und vor meinen Augen.
Watteüberzogene Bäume begrenzen mein Blickfeld.
Die Hölle friert zu und in meinem Körper breitet sich wohlige Wärme aus. Ein helles Licht lässt Eiskristalle wie Glühwürmchen über die Lichtung tanzen. Mein Herzschlag wird langsamer und lässt das Licht unregelmäßig an mich herantanzen und zieht es wieder weg.
 
Für kurze Momente erscheint der verschwommene Schweif des Kometen glasklar. Die Stille der klirrenden Kälte beruhigt mich.
 
Die Erde dreht sich, der Komet bewegt sich.
Kein Herzschlag stört die Stille.
Das Licht und die Kristalle hüllen mich ein.








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Die gestohlenen Bilder- Günter WASSERZEICHEN

Die gestohlenen Bilder

Unterwachtmeister Fridolin starrte verwirrt auf den neuen Häftling. Er blinzelte und hoffte auf eine Sehstörung seiner Facettenaugen.
Die Kadetten Peter und Lisa versuchten verzweifelt den Häftling mit ihren Fangarmen festzuhalten.
 
Peter rief: „Jetzt halt doch endlich still!“, während Lisa „Handschellen, wir brauchen mehr Handschellen!“, stammelte.
 
Unterwachtmeister Fridolin klärte die Situation, indem er die Beine des sich windenden Häftlings mit einem klebrigen Faden fixierte.
 
„Bäää, Misshandlung, das ist ja eklig!“, rief der Häftling.
„Ich kann deinen Mund auch noch zukleben.“, antwortete Oberwachtmeister Fridolin.
Der Häftling sagte nur noch „Anwalt!“ und schüttelte sich vor Ekel.
 
Unterwachtmeister Fridolin fixierte die Kadetten mit seinen unzähligen Augen. Die Stabschrecken senkten schuldbewusst ihre Köpfe.
 „Tut uns leid, Herr Unterwachtmeister, das war unsere erste Tausendfüßler Verhaftung.“, sagte Kadett Peter.
„Er war zusammengerollt zu groß für das Seil und über die vier paar Handschellen hat er nur gelacht.“, grummelte Lisa.
 
Unterwachtmeister Fridolin schüttelte enttäuscht den Kopf und sagte:
„Ihr zwei habt eine Woche Schreibtischdienst und die Haselnussblätter sind fürs erste auch gestrichen!“.
„Nicht die Haselnussblätter!“, heulte Kadett Peter, während er hinter Lisa her aus dem Aufnahmeraum der Stadtwache stakste.
„Und jetzt zu uns Jonny.“, sagte Unterwachtmeister Fridolin.
„Konntest deine Arme, ähh, Beine nicht von den Bildern lassen?“
„Michse?“, sagte Jonny unschuldig.
„Ja, dichse. Blöd für dich, dass du dabei gesehen wurdest, wie du die kostbaren Rubens Nacktschneckenbilder aus dem Museum gestohlen hast! Und bevor du etwas sagst. Wir haben Beweise.
Deine Fußabdrücke waren überall!“.










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Der alte Mann im Spiegel - Günter - Wasserzeichen

Der alte Mann im Spiegel

Wer ist dieser alte Mann im Spiegel?
Und was hält er da in der Hand?
Ich schrecke mich. Ich?
Der alte Mann runzelt die Stirne.
Falten bilden sich um seine Augen.
Lachfalten? Er lächelt.
Und ich?
Ich beobachte den alten Mann im Spiegel wie er den Gegenstand vor seinem Gesicht beobachtet.
Ein Zauberstab?
Er wedelt damit vor dem Spiegel und hinter dem Spiegel herum.
„Abrakadabra!“, ruft – Er?
Wir lachen beide.
Wer ist dieser nette, attraktive, alte Mann?
Ist das mein Vater?
Er blinzelt und ich stehe vor einer Türe.
Er hat mich weggeblinzelt!
Wo ist mein Hut?
Ohne meine Melone komme ich nicht nach Hause zurück!
Mein Körper zittert, erfüllt von Unruhe.
Warme Hände legen sich auf meine Schultern.
Ich blinzle und sitze in einem Garten.
Ich blicke mich um und sehe sie und alles ist gut.
Ich? Unwichtig.












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Schutz- Michaela WASSERZEICHEN

Schutz

„Los, los, trödelt nicht rum, es ist gleich soweit“, schrie Anna-Lena so laut wie sie nur konnte.
 
Alle sprangen blitzschnell auf und gruppierten sich zusammen.
Jeder klammerte sich so fest er nur konnte an jemand anderen.
Die Konturen verschwammen zu einem wilden wabbelnden Haufen.
 
Jeder sah jeden an und wünschte dem anderen viel Glück.
Alle wussten, dass es ihre letzte Möglichkeit war, etwas zu erreichen.
Auch, dass es nicht alle schaffen würden, war jedem einzelnen klar.
An diesem Punkt angekommen, gab es einfach kein Zurück mehr.
 
Phillip sah Anna-Lena tief in die Augen. Unmerklich nickte er ihr zu. Mit einem ebenso minimalem zustimmenden Nicken, bestätigte Anna-Lena den Plan, den sie sich zuvor zurecht gelegt hatten.
 
„Jeden Augenblick geht’s los“, schmetterte Anna-Lena wieder in den Raum.
„Strengt euch an und gebt alles. Einer von uns muss es schaffen, ihr wisst, was davon abhängt“, schwor sie die Gruppe nochmals ein und krallte sich mit aller ihr zur Verfügung stehenden Kraft an Phillip und den anderen fest.
 
Kaum den Satz zu Ende gesprochen, ging auch schon ein Ruck durch den Haufen und sie wurden alle ins Nichts geschleudert.
 
Luftleerer schwarzer Raum umgab den wilden Haufen.
Es begann eine wilde Fahrt. Gleich zu beginn, wurden einige von der Gruppe getrennt und weggerissen.
Die, die sich noch zusammenhalten konnten, sahen traurig hinterher und hofften, dass es ihnen nicht auch so erging.
Phillip und Anna-Lena krallten sich noch mehr aneinander. Sie wollten das wirklich durchziehen und gemeinsam schaffen. Nichts war wichtiger als dies. Sie hatten nur diese eine Chance.
 
Es ging steil nach oben, kerzengerade wurden sie in Richtung des Ausganges, der immer näher kam, geschleudert.
Gleichzeitig verloren sie immer mehr ihrer Mannschaft. An den steilen Wänden um sie herum, blieben immer mehr ihrer Truppe hängen und starben dabei.
Es war furchtbar mitanzusehen, wie sie immer weniger wurden, je näher die Befreiung bevor stand.
 
Dann waren sie nur noch zu 6.
Kurz bevor sie den Ausgang erreichten, wurde neben ihnen noch Leon, Arthur, Sophia und Emilia mit einem Ruck von der Gruppe getrennt.
 
Soweit hatten sie es geschafft. Kaum zu glauben.
Nun ging es also nur noch um sie beide.
Und dann war es plötzlich so weit.
Beide sahen den Ausgang.
Sie wurden mit voller Wucht gegen eine Wand geschmettert.
Es löste sich ihr Griff und sie wurden getrennt.
 
Anna-Lena sah eine kleine Öffnung und steuerte direkt darauf zu.
Sie konnte es nicht glauben. Sie als einzige der Gruppe hatte es wirklich geschafft!
 
Nun ist Anna-Lena 5 Jahre alt und ist der ganze Stolz ihrer Eltern.
Wie man sieht, bietet ein Kondom auch nicht 100%igen Schutz!

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Schutz- Günter WASSERZEICHEN

Schutz

Eine Windböe stieß Julia auf Laura und drückte beide an die steile Felswand. Laura stöhnte auf und sackte zusammen. Julia konnte gerade noch mit letzter Kraft verhindern, dass sie beide von dem schmalen Weg in die Tiefe taumelten.
 
Schwer atmend presste sie ihren Kopf an Lauras Brust. Der Lichtstrahl ihrer Kopflampe verschwand in Lauras Anorakjacke und tauchte die Felslandschaft wieder in pechschwarze Finsternis.
 
„Ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr!“, hörte sie Laura schluchzen.
 
Wie konnte dieser wunderbare Kletterausflug so schnell eskalieren? Vor einer halben Stunde hatte Laura noch gelacht, die Haare zerzaust vom aufkommenden Wind und jetzt kämpften sie beide ums Überleben. Hagelkörner prasselten auf ihren Kopf und Rücken.
 
„Wir müssen weiter!“, presste Julia hervor, „Es kann nicht mehr weit sein!“.
 
500 Meter hatte ihr der Mann von der Bergwacht am Telefon gesagt. Den Weg entlang bis zu der riesigen Tanne.
 
„Wie soll ich in diesem scheiß Wetter eine Tanne sehen?“, dachte Julia und ließ verzweifelt den Lichtstrahl ihrer Kopflampe hin- und herpendeln. Laura sackte zusammen, aber Julia schob sie wieder Felswand entlang nach oben.
 
„Du gibst mir jetzt nicht auf!“, schrie sie Laura durch das Kreischen der nächsten Windböe hindurch an. Sie schob Lauras linken Arm wieder über ihre Schulter.
 
„Hinter der nächsten Biegung muss es sein!“, rief sie und zog eine stöhnende Laura mit ihr mit, den Weg entlang. Julia aktivierte ihre letzten Reserven und taumelte mit Laura um die Biegung in die undurchdringliche Schwärze des Unwetters. Julias Kopflampe ließ nur schemenhafte Umrisse auftauchen und sofort wieder verschwinden.
 
Der Wind trieb sie unbarmherzig weiter voran, bis sie beide plötzlich mit voller Wucht gegen ein Hindernis prallten. Julia sah Sterne und schmeckte Blut, das bei jedem verzweifelten Atemzug in ihrem Mund landete. Geistesgegenwärtig hielt sie sich an dem Hindernis fest und rief:
 
„Laura, halt dich fest!“.
 
Mit vereinten Kräften schafften sie es, sich gegen den Wind zu stemmen und stehen zu bleiben. Laura versuchte ihren Blick auf das Hindernis zu fokussieren.
 
„Ist das ein fucking Baum?“, presste sie heraus.
„Ist mir scheiß egal, Hauptsache er will mich nicht umbringen!“, krächzte Laura.
 
Julia richtete den Strahl ihrer Lampe am Baum vorbei in die Finsternis. Irgendetwas reflektierte plötzlich den Lichtstrahl. Ein Fenster materialisierte sich in der Dunkelheit.
 
„Das muss die Hütte sein!“, rief Julia und zerrte eine auf einem Beim hüpfende Laura mit sich.
 
Eine Windböe warf beide gegen die knorrige Tür der Schutzhütte, die unter ihrem gemeinsamen Gewicht nachgab und sie unsanft auf dem Boden der Hütte landen ließ. Laura schrie auf, aber sie umklammerten  sich gegenseitig schluchzend, lebendig und in Sicherheit zu sein.















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Rock n' Roll - Michaela WASSERZEICHEN

Rock n‘ Roll

Und dann wurde mir schwarz vor Augen.
Als ich sie wieder öffnete, dauerte es einige Zeit, bis ich wieder klar sehen konnte.
Was war passiert? Wie bin ich hierhergekommen.
 
Dann traf mein Blick auf Veronika.
Sie stand neben dem Arzt und machte ein sehr besorgtes Gesicht. Der Arzt sprach und Veronika nickte ihm zustimmend zu.
 
Sie drehte den Kopf und sah mich an.
Als sie begriff, dass ich wieder bei Bewusstsein war, kam sie sofort an mein Bett, griff nach meiner Hand und begann zu weinen.
Überrascht fragte ich sie, was denn los sei.
Ich konnte mich an nichts erinnern.
Die Hand erschrocken vor den Mund haltend und die Augen groß aufgerissen, liefen
noch mehr Tränen.
Kannst du dich, denn an wirklich gar nichts erinnern, fragte sie mich.
Ich schüttelte nur den Kopf.
 
Dann begann sie zu erzählen:
Wir waren doch im Tanzcafé mit Doris und Eduard.
Klingelt da was bei dir?
Wieder schüttelte ich den Kopf und sie erzählte weiter.
 
Wir hatten einen schönen Abend, haben viel getanzt und gelacht.
Irgendwann hast du mit Eduard einen Wettbewerb gestartet, wer von euch beiden der bessere Tänzer sei, und mehr Figuren tanzen könne.
 
Und so ging es durch die Rumba zur Samba.
Vom Tango in den Paso Doble.
Vom Walzer in den Fox Trott.
Die anderen Gäste stimmten ab und so stand es zum Schluss 6:6. Also Gleichstand.
Das konntest du nicht auf dir sitzen lassen und hattest noch den genialen Einfall, einen Rock n‘ Roll auszuwählen.
 
Na, was soll ich sagen, du hast gezeigt, was du drauf hast, getanzt, als ginge es um dein Leben.
Und dann passierte es.
In deinem Übermut bist du auf einen Tisch gesprungen und wolltest eine Figur tanzen.
Das funktionierte so lange, bis du mit deinem Körper zu weit an den Tischrand gestiegen bist und dieser kippte.
Wie in Zeitlupe fielst du nach hinten.
Väterchen Zufall setzte dem Geschehen dann die Krone auf.
Während der Tisch und du nach hinten fielen, schoss der gefüllte Wasserkrug, der am andere Ende des Tisches stand in die Höhe.
Du kamst mit dem Hintern zu Boden. Der Tisch kippte nochmals durch die Wucht des Aufpralls und schlug dir ins Gesicht.
Und zum guten Schluss, ergoss sich das Wasser aus dem Krug über deinen Kopf und schlug 1 Sekunde später auch darauf auf.
Du bist umgefallen wie ein nasser Sack.
Tja, und dann das übliche: Rettung, Fahrt ins Krankenhaus, Gehirnerschütterung.
Nachdem ich wieder völlig klar denken konnte, kam mir nur ein Satz über die Lippen.
Künftig tanze ich nur noch Line Dance.
 







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Tiefsee - Günter WASSERZEICHEN

Tiefsee

Schon seit Tagen trieb das Yeti-Krabben-Ei durch die ewige Finsternis. Herausgeschleudert vom Rücken ihrer Mutter durch eine unerwartete Eruption in der sonst sicheren Nische auf einem Seiten-Schlot ihres Heimat-Black-Smokers.
 
Die gewohnte, wohlige Hitze verwandelte sich schnell in die indifferente Kühle der Tiefsee. Das Ei trieb vorbei an den unzähligen gefahren, die in der Finsternis lauerten. Nur wenige Zentimeter vorbei am zähnefletschenden Maul des Anglerfisches. Weitergewirbelt von vorbeiziehenden Planktonräubern, einer ungewissen Zukunft entgegen.
 
Nur noch ein kleiner Lebensfunke steckte in dem Ei, als es von einer heraufziehenden Strömung erfasst wurde. Aufgewirbelte Sedimente legten sich schützend um das Ei.
 
Wie ein Staubkorn, das zur Schneeflocke wird und dann zu Boden sinkt, wurde das umhüllte Ei wieder langsam in die Tiefe gezogen.
Doch plötzlich blieb es an etwas hängen und unterbrach seine Reise ins Nichts.
 
Warmes, schwefelhaltiges Wasser belebte die verbliebenen Lebensgeister des Eies. Es kullerte weiter und streifte dabei den Sedimentballast ab und landete in einer kleinen Höhle. Die Wärme entfachte die gestoppte Zellteilung auf ein Neues.
Das Ei begann zu träumen von heißen Anemonenwiesen und kräftigen, zotteligen Scheren, die unentwegt schmackhafte Nahrung in ihren Mund stopfen werden.


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Sommer- Günter WASSERZEICHEN

Realität?

Thema: Sommer

Amelie schwitzte.
Die Gartenhütte hatte sich in eine Sauna verwandelt. Sie roch aber nicht nach Eukalyptus sondern nach einer benommen machenden Mischung aus Dünger, Erde und dahinmodernden Gartengeräten.
 
„Wo hat Tom schon wieder diese verflixte Harke versteckt?“, dachte Amelie.
 
Die einzelnen Lichtstrahlen, die durch die verrosteten seitenwände der Gartenhütte das Halbdunkel durchbohrten, verzerrten die Silhouetten der Gegenstände.
Die Punkte aus Licht tanzten über Amelies Netzhaut und erzeugten Bilder, die von Picasso stammen könnten.
 
Der alte Rasenmäher verschmolz mit Teilen des Häckslers zu einer Maschine mit einem Trichtermaul und der schlaffe Plastikschlauch des kaputten Pools schlängelte sich über den Spielzeugkaufmannsladen als wolle er ihn assimilieren und dann mit den Schubladenaugen klimpern.
 
Amelie versuchte diese Visionen abzuschütteln und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht.
Die angstschweißkalten Hände auf ihrem heißen, verschmitzten Gesicht brachten sie wieder in die Realität zurück.
 
Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter.
Hatte sich in diesem kurzen Moment der Unaufmerksamkeit ein Cyborg-gewordener Gegenstand an sie herangeschlichen?
Ein Schrei löste sich in ihrer verkrampften Kehler und sie drehte sich herum.
Eine Gestalt direkt vor ihr, unerkennbar im grellen Gegenlicht der offenen Gartenhüttentüre.
 
„Waaas?“, stammelte Tom, völlig überrascht von Amelies Reaktion.
 
Amelie versuchte ihren rasenden Herzschlag zu verlangsamen. Wut und Scham kämpften in ihr um die Vorherrschaft.
 
„Wo ist diese verdammte Harke?“, krächzte Amelie und versucht verzweifelt die Reste ihrer kubischen Fantasie aus ihrem Gehirn zu vertreiben.
 
„Alles OK mit dir?“, fragte Tom, „Brauchst du was zum Trinken? Ist höllisch heiß hier drinnen!“.
 
Amelie wurde jetzt erst bewusst, wie trocken ihr Mund war.
„Aber die Harke!“, sagte Amelie verzweifelt.
 
Tom hob seine linke Hand, in der er die Harke hielt.
„Hab dir hinterhergerufen, dass ich sie schon mitgebracht habe, aber da warst du schon in der Hütte.“, sagte Tom.
 
Amelie warf noch einen letzten skeptischen Blick zurück in die Hütte und sagte:
„Muss wirklich schon dehydriert sein.“, während sie erleichtert aus der Hütte ging.
 
Der Poolschlauch kicherte leise, während er weiter mit dem Kaufmannsladen verschmolz.









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